The Head And The Heart: Let’s Be Still

Mit Euphorie und Melancholie überzeugen The Head An The Heart auch auf ihrem zweiten Album Let’s Be Still

von Gérard Otremba

Manchmal sind es schicksalhafte Zufälle, die einen eine Liebe fürs Leben finden lassen. So geschehen am 25.03.2011 in Hamburg, als The Head And The Heart als Support für The Low Anthem im Uebel & Gefährlich auftraten. Ich kannte vorher keinen Song dieser Band, ja noch nicht einmal den Namen. Und war völlig hin und weg von dieser süchtig machenden Euphorie, die der atemberaubende Folk-Rock-Pop der Formation aus Seattle entfachte. Die Harmoniegesänge von Jonathan Russell, Josiah Johnson und Charity Rose Thielen, die ausgelassene Spielfreude von Drummer Tyler Williams, Bassist, Chris Zasche und Keyboarder Kenny Hensley, die vielen „Uhuhuh“- und „Ahahahs“-Chöre, die Rhythmuswechsel, alles jubilierte und entzückte. Aber auch die traurigen Aspekte von Thielens Violinenspiel nahmen mich gefangen. Als Vorgruppe von Death Cub For Cutie bestätigten The Head And The Heart wenige Wochen später den famosen Eindruck ihres ersten Hamburger Gastspiels und rockten dann im November 2011 das Uebel & Gefährlich als Headliner. Eine junge, studentische Anhängerschar ging voll mit und ich wurde das Gefühl nicht los, an einem denkwürdigen, magischen und mystischen Konzertabend teilgenommen zu haben, einer Geburtsstunde zukünftiger Stars. Die Songs ihres selbstbetitelten Debutalbums wie „Down In The Valley“, „Lost In My Mind“ oder „Sounds Like Hallelujah“ verbinden Enthusiasmus und Melancholie auf zauberhafte Art und Weise.

Let’s Be Still zeigt The Head And The Heart noch ausgereifter als beim Debut

Beide Faktoren spielen auch auf Let’s Be Still die wichtigste Rolle, wobei die ruhige Seite von THATH dominiert. Die Euphorie ist natürlich immer noch da, reduzierter zwar, wie bei dem von Gitarre und Schlagzeug getriebenen „Shake“, wo THATH schon fast wieder als Rasselbande zu hören sind. Ähnlich ausgelassen „My Friends“, in dem sich Piano und Harmoniegesänge gegenseitig hochschaukeln. Das von Thielen gesungene, auf einem himmlischen Synthie-Akkord aufbauende „Summertime“ besitzt grenzenlosen Pop-Charme und der Abschlusstrack „Gone“ entwickelt sich zu einer opulenten, feierlichen, pathetischen Hymne, die die Welt wieder ein Stück besser macht. Die meisten Stücke sind im balladesken Midtempo gehalten und einige dieser Kompositionen reichen dabei an die Großtaten eines Paul Simon heran. Das sanfte und traurige „Josh McBride“ zum Beispiel, ein erhabenes, von Thielens Violine und Russells Gesang veredeltes Stück Musikgenuss. Im Eröffnungsstück „Homecoming Heroes“ liegt über Russells Gesang und Thielens Violinenspiel unendlich viel Melancholie, gleichzeitig deuten THATH die euphorischen Möglichkeiten an. Intensive, emphatische, teils fragile Balladen gelingen dem Sextett mit „Another Day“, „Cruel“, „These Days Are Numbered“ und „10 000 Weight In Gold“. Der Titelsong „Let’s Be Still“ einfach nur schön und „Fire / Fear“ schlichtweg meisterlich. Bei The Head And The Heart liegen Schmerz und Erlösung so unfassbar dicht zusammen, die Emotionen fahren Achterbahn. War das Debutalbum schon herrlich, so setzen THATH mit Let’s Be Still den Reifeprozess fort und erklimmen das nächste mögliche Level, ein Geschenk der Götter an alle Musikbegeisterte. Ich schwöre The Head And The Heart ewige Treue.

Let’s Be Still von The Head And The Heart ist am 25.10.203 bei Kobalt Music erschienen.

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