T.C. Boyle: Die Terranauten – Roman

Gut konzipierter und unterhaltsamer T.C. Boyle-Roman, der mehr Scharfzüngigkeit vertragen könnte

Vier Frauen, vier Männer, ein geschlossenes Ökosystem. Die Idee zu seinem neuen Roman Die Terranauten bezog der amerikanische Autor T.C. Boyle aus einem von Milliardär Edward Bass in den 90er-Jahren initiierten Projekts. Für viel Geld erschuf Brass die sogenannte „Biosphäre 2“, eine in Arizona aufgestellte Glaskuppel, in der acht Menschen unter natürlichen Umständen und ohne Außenkontakt für zwei Jahre auf sich gestellt waren. Lediglich das Sonnenlicht und notwendige elektrische Energie waren wichtige äußerliche Komponenten für die Wahrung des Lebenserhaltungssystems.

„Nichts rein, nichts raus“, lautet folgerichtig das Credo der acht durch eine Art Survival-of-the-fittest-Castingshow auserwählten Teilnehmer in T.C. Boyles 16. Roman Die Terranauten. Boyle erzählt die Geschichte abwechselnd aus der jeweiligen Ich-Perspektive der beiden zu Crew gehörenden Dawn Chapman und Ramsay Roothoorp sowie der in der Vorauswahl gescheiterten, aber zum großen Team gehörenden Linda Ryu. Diese ist verbittert und niedergeschlagen, arbeitet aber weiterhin in wichtiger Position für das leitende Unternehmen Mission Control, macht sich große Hoffnung, zur nächsten „Ecosphere“-Besatzung zu gehören und intrigiert im Hintergrund.

Ramsey Roothoorp ist der Womanizer unter den vier eingeschlossen Herren, begann bereits in der Vorbereitungsphase ein Verhältnis mit der zur Führungsriege gehörenden Judy, steigt nach dem Einschluss mit Kollegin Gretchen ins Bett und landet letztendlich bei der schönen Dawn Chapman. Doch nicht allein zwischenmenschliche Beziehungen bringen die paradiesischen Zustände in dem mit für den Menschen perfekt ausbalancierten Klimaverhältnissen versehenen Biotops ins Wanken. Ein aus einem Unfall resultierender Stromausfall erhöht die Ecosphere-Temperatur rapide, das ökologische Gleichgewicht geht verloren, die Bewohner geraten in die erste unvorhergesehene Extremsituation. Die nächste schwere Hürde muss das Team meistern, als Dawn Chapman schwanger wird und das Kind in der neuen Umgebung austragen will.

Das Setting legt sich T.C. Boyle perfekt zurecht. Öko-Thematik, Zukunftsforschung, Reality-Show- und Big Brother-Atmosphäre sowie merkwürdige Charaktere. Genügend Stoff für eine hinreißende Satire, aber der Humor will nicht wirklich zünden. Boyle arbeitet mit einem gelegentlich eingestreuten subtilen Witz, der jedoch auf der Langstrecke von 600 Seiten nicht anhält. Die Terranauten ist ein von T.C. Boyle gut durchdachter und konzipierter, sehr unterhaltsamer Roman, der etwas mehr von Boyles bekannter Scharfzüngigkeit vertragen könnte.

T.C. Boyle: „Die Terranauten“, Hanser Literaturverlage, aus dem amerikanischen Englisch von Dirk van Gunsteren, Hardcover, 608 Seiten, 978-3-446-25386-5, 26 €.

Kommentare

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    Zur Info: DIE TERRANAUTEN wurden von Thomas R. P. Mielke und Rolf W. Liersch als SF-Romanserie konzipiert. Der erste Band erschien im Jahr 1979.

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