Viele, sehr viele Gründe, den FC St. Pauli zu lieben
von Gérard Otremba
„Zwölfter Mann“ heißt das Programm für Fußballfans im Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag. Für dieses Programm lassen sich Autoren 111 Gründe für ihren Lieblingsverein einfallen, um „eine Liebeserklärung an den großartigsten Fußballverein der Welt“, wie es im Untertitel heißt, abzugeben. 111 Gründe, einen Fußballverein zu lieben, erscheinen mir auf den ersten Blick sehr viele zu sein. Obwohl mit Fußball aufgewachsen und seit einiger Zeit bekennender FC St. Pauli-Sympathisant, habe ich diese bedingungslose Hingabe an einen Verein nie wirklich nachvollziehen können. Natürlich macht es einem ein Verein wie der FC St. Pauli leicht, mit ihm zu sympathisieren, denn er ist schlichtweg „Der“ Kultverein Deutschlands, da reicht weit und breit kein sonstiger Fußballclub heran, sorry Eintracht Frankfurt und Wormatia Worms. Es soll sogar FC Bayern München-Fans geben, die für Pauli schwärmen. Umso erstaunlicher, dass bereits zwanzig Bände über andere Vereine in dieser Reihe erschienen sind, über so lustige Karnevalsvereine wie den FSV Mainz 05, 1. FC Köln und Fortuna Düsseldorf. Auch über den HSV und gar Hannover 96. Hier nehmen es die betreffenden Autoren wohl nicht so ganz ernst mit den Gründen und phantasieren, um sich 111 davon einfallen zu lassen. Den einen oder anderen Grund, den FC St. Pauli zu lieben, präsentiert uns Sven Amtsberg natürlich auch mit einem Augenzwinkern, schließlich veranstaltet er Führungen durch Hamburger Stadtteile mit erfundenen Geschichten und Informationen. Aber Dichtung und Wahrheit liegen bekanntlich sehr eng beieinander, und so lesen wir solch entzückende Gründe wie „Weil das B fast so schön ist wie das P“ (52. Grund), „Weil man Männern mit kleinen Brillen und vollem Bart vertrauen kann“ (53. Grund), „Weil hätte, hätte, Fußballtourette“ (64. Grund), oder „Weil auch andere Mütter schöne Bücher haben“ (49. Grund). Was sich hinter diesen kryptischen Gründen verbirgt, muss jeder selbst herausfinden. Natürlich gibt es auch sehr, sehr wichtige Gründe, Pauli zu lieben, nämlich „Weil der FC St. Pauli klare Zeichen gegen Homophobie setzt“ (44. Grund) und „Weil St. Pauli-Fans gegen rechts sind“ (33. Grund). Mit heiteren Anekdoten führt Sven Amtsberg den Leser in die Geschichte des nun 103-jährigen Clubs ein, erklärt und befeuert den „Mythos“ St. Pauli, wobei Grund 83. „Weil der FC St. Pauli der erste Verein war, bei dem ein schwarzer Fußballer spielte“, gesellschaftshistorische Relevanz genießt. Eine von vielen ganz und gar köstlichen Ausführungen Amtsbergs. Ein wichtiger, ungenannter Grund fällt mir auch noch ein. Weil Axel Prahl in seiner Rolle als Frank Thiel im Tatort das Pauli-Fantum mit allen erdenklichen Utensilien regelmäßig für alle sichtbar in Münster auslebt. Diese unterhaltsame und informative Lektüre ist natürlich ein Muss für alle Pauli-Fans und alle, die es noch werden wollen. Und wir alle sind uns einig, es gibt nur eine Quintessenz: „We love St. Pauli“.
Sven Amtsberg: „111 Gründe, den FC St. Pauli zu lieben“, Verlag Schwarzkopf & Schwarzkopf, Taschenbuch, 978-3-86265-260-0, 9,95 €.