Sophie Hunger live in Hamburg 2021

Sophie Hunger credit Jerome Witz

Tosenden Applaus erfährt die Schweizer Musikerin Sophie Hunger bei ihrem Konzert am 28.08.2021 im Hamburger Stadtpark

Es ist ungemütlich regnerisch als die talentierte Songwriterin und Multiinstrumentalistin Sophie Hunger zunächst alleine die Bühne des Stadtpark-Open-Air-Geländes betritt – und ohne Mikrofon anscheinend den Wettergott mit einem Acapella-Stück zu beschwören versucht. Dann gesellt sich die famose Besetzung dazu: Alexis Anérilles an Keyboard, Trompete & Flügelhorn und Julian Sartorius am „Herzschlag“ wie es Sophie Hunger selber sagt (gemeint ist natürlich: Schlagzeug). Außerdem ein fünfköpfiger Chor.

Sophie Hunger und die Liebe zum Detail

Eines fällt sofort auf: Das Publikum kann gespannt sein auf eine echte Konzertproduktion mit Liebe zum Detail. Im hinteren Teil der Bühne stehen vor einem schwarzen Vorhang fünf große Filmscheinwerfer, die im Laufe des Konzertes auch zum Einsatz kommen werden. Und schon bei den ersten Klängen, die durch den Stadtpark schallen, wird klar: Der Sound ist extrem gut abgemischt und nimmt noch mehr ein als auf den Album-Produktionen der Schweizer Künstlerin.

Eingangs spielt Sophie Hunger Klassiker wie etwa das Titelstück ihres Albums „Supermoon“ aus dem Jahre 2015. Dann aber bezieht sie zum ersten Mal Stellung: Hunger fragt das Publikum, ob sie denn pandemiebedingt so weit auseinander sitzen müssen oder ob die Ticketpreise zu hoch waren? Daraufhin fordert Hunger das Publikum auf, doch einfach die besseren freien Plätze zu nutzen. Sympathisch dabei: Hier greift die sonst so resolute Security vom Stadtpark nicht ein.

Ein zauberhafter Abend bei Schietwetter

Vor kurzem spielte Hunger bereits mit Dino Brandão und Faber das gemeinsame Programm „Ich liebe dich“ in der Elbphilharmonie komplett auf Mundart in schweizerdeutsch. Im Stadtpark wurde das Titelstück nun sparsam instrumentiert mit bezauberndem Harmoniegesang auf hochdeutsch präsentiert. Vor ein paar Tagen gab Sophie Hunger über ihre Social Media-Kanäle bekannt: „Deutschland – heute Abend steigen wir das erste mal seit Ewigkeiten in einen Tourbus um ’ne Runde zu drehen. Zauber Trio mit Zauber Chor auf Zaubertour – bis gleich.“ Und eines ist jetzt schon klar: Dies wird ein zauberhafter Abend im Hamburger Schietwetter, das die Atmosphäre des Konzerts eigentlich sogar noch verstärkt.

Das Album „Halluzinationen“ am Stück

Als nächstes folgt das siebte Studioalbum „Halluzinationen“ von Sophie Hunger. Aufgenommen wurde es (wie zuvor schon „Molecules“) im Studio Abbey Road mit dem Produzenten Dan Carey. Das Besondere dieses Albums ist, dass die Songs alle am Stück als Live-Session eingespielt worden sind. Und genau so präsentiert Hunger nun dieses Album in Gänze im Stadtpark. Gibt selber auch gleich das Kennwort durch, wann das Ende erreicht ist: „Hope“. In „Alpha Venom“ ruft Hunger wuchtig „I am the one who makes the music“ – und, ja: Hier ist eine echte Künstlerin am Werk.

Der American Songwriter schreibt über sie: „Sophie Hunger doesn’t fit into any traditional sonic box. Or, rather, she’s such an adept and skilled player that she’s capable of hopping from music box to music box at will.“

Sophie Hunger bleibt experimentierfreudig, wagt immer wieder was neues und hält so ihre Kunst am Leben. Sie wechselt im Laufe des Abends von Akustikgitarre zur elektrischen Gitarre und zupft auch beherzt die Bass-Saiten. Bei „Security Check“ setzt sich Hunger ans Piano und singt dazu einnehmend. Wie aus einem Guss wirkt diese Aufführung, die mehr ist als ein Konzert: Unmittelbar und leidenschaftlich, dazu in famoser Soundqualität live abgemischt. Mal wuchtig, mal sanft. Theatralisch auch durch die Lichtsetzung.

Sophie-Hunger-Klassiker in den Zugaben

Nach einer Stunde verlässt die Band unter tosendem Applaus die Bühne. Sophie Hunger kommt zurück und sagt: „Es erinnert mich jetzt an Woodstock“, um gleich noch ein paar Klassiker und Highlights zum besten zu geben: Nach „Le vent nous portera“ aus dem Album „1983“ mit zarten Flügelhorn-Klängen erwähnt sie, dass alle ihre Musiker:innen noch ihre eigenen Bands und Projekte haben. Anna-Lucia Rupp und Fama M’Boup, die zuvor im Chor mit Harmoniegesang geglänzt haben, dürfen nach vorne treten und einen Song ihres Projektes Olicía spielen, Hunger bleibt dezent im Hintergrund. Abschließend gruppiert sich die volle Bandbesetzung am vorderen Bühnenrand um ein Mikrofon und singt gemeinsam. Ein versöhnliches Ende, dann wieder tosender Applaus und Standing Ovations. Und Sophie Hunger bedankt sich bei Woodstock und Hamburg. Sophie Hunger, eine Naturgewalt. 75 Minuten Magie pur im Stadtpark. Und: Der Ticketpreis von knapp über 40 Euro ist mehr als gerechtfertigt!

(Beitragsbild-Credit: Jerome Witz)

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