Sonja M. Schultz: Hundesohn – Roman

Sonja M. Schultz Hundesohn Cover Kampa Verlag

Ein couragierter Pauli-Kiez-Debütroman von Sonja M. Schultz

Er wollte eigentlich nicht mehr zurück. Zurück in die Großstadt Hamburg, zurück nach St. Pauli, zurück auf den Kiez. Im Sommer 1989 hat sich Herbert Friedheim, der sich nach dem Mädchennamen seiner amerikanischen Mutter nur noch Hawk nennt, in die norddeutsche Provinz zurückgezogen. Doch eines Tages steht sein geliebter alter Alfa Romeo in Flammen und seine Wohnung wird verwüstet. Hat irgendjemand aus seiner Vergangenheit noch eine Rechnung mit ihm offen? Vielleicht sogar die Kiezgröße Verfurth, für den jahrelang gearbeitet hat und über den er belastendes Material besitzt?

Sonja M. Schultz erzählt in Rückblenden

Sonja M. Schultz Hundesohn Cover Kampa Verlag

Um der Ursache jener offensichtlichen Feindlichkeit auf die Spur zu kommen, begibt sich Hawk nach Hamburg und mithin in seine Vergangenheit. In Rückblenden erzählt Sonja M. Schultz in ihrem Debütroman das Leben ihres Protagonisten Hawk, der mit knapp 16 Jahren von zu Hause ausriss. Weg von seinem dominant-herrschsüchtigen und gewalttätigen Vater, weg aus dem Süden, hoch in den Norden nach Hamburg. Das war Anfang der 60er. Bei Karl fand er in einem Seemannsheim auf St. Pauli eine billige Bleibe, am Hafen den ersten richtigen Job. Dann tauchte „Pik-Johnny“ in seinem Leben auf. Der fuhr einen champagnerfarbenen Mercedes und fand in Hawk einen „ambitionierten“ Mann für seine „Logistik“ am Hafen. Später zog dann Herfurth mit seiner „Cargo  GmbH“ das ganz große Ding in Sachen „Import-Export“ auf. Als europaweiter Kurierfahrer beteiligte sich Hawk an diesem Unternehmen für „nicht koschere Fracht“. Bis ihn ein Unfall mit Todesfolge während einer seiner Drogenfahrten für drei Jahre ins Gefängnis brachte.

Erfreuliche Wendungen

Sukzessive legt Sonja M. Schultz, die bei Spoken-Word-Veranstaltungen auftritt und über den „Nationalsozialismus im Film“ geschrieben hat, Hawks Leben frei. Und ebenso seine Wunden. Denn trotz turbulenter Action, schillernder Charakterzeichnungen bis hin zu den Nebenfiguren sowie  detaillierten und markanten Milieubeschreibungen, liegt Schultz‘ größte Stärke darin, ihrer Hauptperson eine tiefe Traurigkeit mit auf den Weg zu geben. Er mag vordergründig ein grobschlächtiger, immer wieder angezählter, aber nie aufgebender Kämpfertyp sein, in den ruhigen Passagen des Romans umhüllt ihn jedoch häufig ein aus Melancholie gegossener Kokon. Ein Pauli-Kiez-Roman kommt ohne Klischees kaum aus, Sonja M. Schultz macht jedoch das Beste daraus und baut erfreuliche und überraschende Wendungen in den Handlungsablauf ein. Ein couragiertes Literatur-Debüt mit einem ungeschminkten Blick auf St. Pauli.

Sonja M. Schultz: „Hundesohn“, Kampa, Hardcover, 320 Seiten, 978-3-3311-10013-3, 22 €. (Beitragsbild: Buchcover)

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