Sasha Filipenko: Die Jagd – Roman

Sasha Filipenko credit Lukas Lienhard Diogenes Verlag

In seinem Roman „Die Jagd“ offenbart Sasha Filipenko die Macht russischer Oligarchen

Bereits der erste in deutscher Sprache veröffentlichte und von uns an dieser Stelle rezensierte Roman „Rote Kreuze“, in der Sasha Filipenko die Stalin-Diktatur aus der Erinnerung eine 91-jährigen Dame rekapituliert, war in seiner Schonungslosigkeit eine Offenbarung. Die darauffolgende satirische Abrechnung mit dem aktuellen belarussischen Regime „Der ehemalige Sohn“ hatte nicht minder viel Esprit und zeigte Filipenko als einen genauen Beobachter der gesellschaftlichen Zustände seines Heimatlandes. In seinem im Original 2016 veröffentlichten, und nun, erneut von Ruth Altenhofer, ins Deutsche übersetzten  Roman „Die Jagd“ setzt sich 1984 in Minsk geborene Schriftsteller mit der Macht russischer Oligarchen auseinander.

Die angekündigte Chronik eines schleichenden Untergangs

Sasha Filipenko Die Jagd Cover Diogenes Verlag

Der investigative Journalist Anton Quint findet heraus, dass der politisch ambitionierte Oligarch Wolodja Slawin trotz flammender Liebesbekundungen Russland gegenüber, sein Kapital in ausländischen Immobilien investiert hat. Nach der Veröffentlichung des Artikels sinnt der Oligarch auf Rache und heuert zwei ihm bekannte Schergen an, die Quint aus dem Land vergraulen sollen. Es beginnt eine zermürbende Jagd mit Alltagsterror, Einschüchterungen, kleinen und größeren Gemeinheiten, Schmutzkampagnen und medial wie im privaten Umfeld gestreuten Gerüchten. Der Journalist indes zeigt sich zwar widerstandsfähig und lässt sich lange nichts anhaben, doch sieht er sich durch die Angriffe zunehmend von Freunden, Arbeitskollegen und Familienmitgliedern isoliert. Die Mittel nehmen immer perfidere Züge an, am Ende stehen eine öffentliche mediale Hinrichtung sowie der Vorwurf der Pädophilie im Raum. Sasha Filipenko lässt Anton Quint keine Chance und schreibt mit „Die Jagd“ die angekündigte Chronik eines schleichenden Untergangs eines sich mit den Mächtigen anlegenden russischen Journalisten.

Sasha Filipenko operiert mit Thriller-Genre-Mitteln

In  seiner Anklage gegen aktuelle russische Verhältnisse greift Filipenko auf Mittel des Thriller-Genres zurück. Nicht nur der perfekt konstruierte Spannungsbogen macht „Die Jagd“ zu einem atemlosen literarischen Pageturner, sondern auch die bereits aus „Der ehemalige Sohn“ bekannte, einmal mehr schonungslose Abrechnung mit bestehenden Machtstrukturen. Sascha Filipenko greift erneut an und begibt sich mit jeder neuen Romanveröffentlichung in Gefahr. In Russland und Belarus kann er sich längst nicht mehr des Lebens sicher sein und hat seinen Lebensmittelpunkt mit wechselnden Orten ins westliche Ausland verlegt. Erschütternde, mit einem erhobenen moralischen Zeigefinger arbeitende, überaus empfehlenswerte Literatur.

Sasha Filipenko: „Die Jagd“, Diogenes, Hardcover, aus dem Russischen von Ruth Altenhofer, 288 Seiten, 978-3-257-07158-0, 23 Euro. (Beitragsbild von Lukas Lienhard)                      

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