Mit seinem neuen, abgefahren-witzigen und politisch unkorrekten Roman „Großes Kino“ verschlägt es Sascha Reh in das Krimi-Komödien-Genre
Der Titel von Sacha Rehs neuem Roman gibt die Richtung des Inhalts vor. „Großes Kino“ gerät zu einer überbordenden cineastischen Verneigung und wirkt gleichzeitig wie ein Film in Romanform. Als auktorialer Erzähler erlaubt sich Reh zahlreiche Freiheiten, spricht manchmal zu den Lesern, kommuniziert manchmal mit seinem Hauptprotagonisten und erklärt Sprünge in Zeitablauf und der Logik der Handlung. Die ist häufig aberwitzig und voller skurril-genialer Ideen. Ein Humor, der immer wieder ins politisch Unkorrekte driftet, die Lektüre aber genau deshalb so lesenswert macht.
Politsumpf und organisiertes Verbrechen auf Sylt
Carsten Wuppke, der Held des Romans, war früher mal Sozialarbeiter, bevor er Auftragsarbeiten für einen Clan-Chef übernahm und sich eine Bewährungsstrafe wegen „notdürftiger Tötung“ einhandelte. Jetzt wird der in Berlin-Neukölln lebende Wuppke von Ali al-Safa, von allen nur „der Chinese“ genannt, nach Sylt geschickt, um dort den bereits angeleierten Kauf einer Heidelandschaft festzuzurren. Reichlich planlos, aber eloquent laviert sich Wuppke durch seinen nun vom Sylter Politsumpf und dem dortigen organisierten Verbrechen geprägten Alltag. Er muss all seine Wortgewandtheit aufbieten, um das immer größer werdende Chaos zwischen Liegenschaftsbehörde, dem Bürgermeisterkandidat und Vorsitzenden des Braderuper Heidevereins Jost Jorgensen, sowie Hadi, dem Hamburger Cousin (oder Schwager, so genau weiß man es nicht) des Chinesen, der dort dessen “Alibabar“ leitet. Doch seine Redegewandtheit verhindert nicht die ein oder andere Leiche in diesem „Inselparadies voller Erbschleicher und Anlagebetrüger“.
Sascha Reh feuert cineastische Querverweise ab
Sascha Reh gelingt mit „Großes Kino“ eine irre Krimifarce, Gaunerkomödie und Gesellschaftssatire. Der 1974 in Duisburg geborene und früher selbst als Sozialarbeiter tätige Autor jongliert gekonnt mit Klischees und Stereotypen und feuert ein Arsenal an cineastische Querverweise ab, die von „Blues Brothers“ über „Mission Impossible“ bis „Pippi Langstrumpf“ reichen. Und sicherlich inspiriert wurde von den Filmen eines Quentin Tarantino. Sascha Reh hat in der Debatte um die Ausladung der Kabarettistin Lisa Eckhart, die über einen zwei Jahre alten MeToo-Juden-Witz gestolpert ist, beim Harbour Front Literaturfestival kollegiale Haltung bewiesen. In einem Post auf seiner Facebookseite lud er sich von der Veranstaltung mit der Begründung aus, er habe einen politisch unkorrekten Roman geschrieben, und fand auch nichts Antisemitisches am mittlerweile berühmt-berüchtigten Witz seiner österreichischen Schriftstellerkollegin.
Sascha Reh und die „Reporterin mit Diversitätshintergrund“
Wahrscheinlich werden einige Leser nicht unbedingt amüsiert sein über die politischen Unkorrektheiten Rehs, spätestens bei der „Reporterin mit Diversitätshintergrund“ sollte der Aufschrei bei mindestens allen Diversitätsbeauftragten groß sein. Vielleicht aber wird „Großes Kino“ einfach als die gute Krimikomödie gelesen, die sie ist. Schließlich lachen wir doch noch immer über die politischen Unkorrektheiten von Monty Python und den Coen-Brüdern, oder?
Sascha Reh: Großes Kino“, Schöffling & Co., Klappenbroschur, 320 Seiten, 978-3-89561-089-9, 18 Euro. (Beitragsbild: Buchcover)
Erhältlich bei unseren Partnern:
Auch hinter einem Online-Magazin steckt journalistische Arbeit. Diese bieten wir bei Sounds & Books nach wie vor kostenfrei an.
Um den Zustand zukünftig ebenfalls gewährleisten zu können, bitten wir unsere Leserinnen und Leser um finanzielle Unterstützung.
Wenn Sie unsere Artikel gerne lesen, würden wir uns über einen regelmäßigen Beitrag sehr freuen.
Spenden Sie direkt über PayPal oder via Überweisung.
Herzlichen Dank!