Sasami: Squeeze – Albumreview

Sasami credit Angela Ricciardi

Mit ihrem zweiten Album „Squeeze“ vermittelt die US-amerikanische Musikerin Sasami einen kathartischen Hörspaß

„Crossover“ mag tot sein, der Begriff verbrannt, aber mal ehrlich: Was einst von Vorläufern wie Mothers Finest, den Red Hot Chilli Peppers oder von mir aus sogar von den Guano Apes vorexerziert wurde, ist, sogar nach dem Gipfel der Peinlichkeit durch den schauerlichen New Metal, Kanon. Mit nicht nur sub-kulturellen Folgen: Moderne Playlists vereinen nicht nur Hip Hop und Rock miteinander, sondern ebenso Jazz mit Punk, Gothic mit Techno, Disco oder Schlager mit Metal. Alles geht, ohne Grabenkämpfe. Das ist nicht nur gut so, sondern vorbildlich. Vorbei die Zeiten, als man wegen der falschen Haarlänge auf Konzerten auf die Mütze bekam.

Diverse musikalische Einflüsse

Sasami Squeeze Cover Domino Recordings

Trotzdem scheint ein Album wie das neue von Sasami ob seiner diversen musikalischen Einflüsse nicht leicht am Stück hörbar – ist man z.B. in Country-Stimmung, mag man nicht unbedingt danach eine Metal-Keule aufs entspannte Ohr bekommen. Wer sich der Herausforderung stellt, kann jedoch durchaus Spaß haben an „Squeeze“, Sasami Ashworths zweitem Album unter dem Namen Sasami. Wobei, „Spaß“ trifft es bei den behandelten Themen eigentlich nicht wirklich.

Die US-amerikanische Singer/Songwriterin sowie Produzentin mit koreanischen Wurzeln hat einen Abschluss an der Eastman School Of Music vorzuweisen und vereinigt in ihrer Vita gleichermaßen das Komponieren von Filmmusik, Tätigkeiten als Musiklehrerin sowie auch eine zweieinhalb Jahre währende Mitgliedschaft bei der Wave-Rockband Cherry Glazerr. Ihr Solo-Debüt „Sasami“ erschien 2019 und staubte euphorische Kritiken ein. Schräger Indie-Pop-Rock herrschte da vor, mit einer einzigartigen Klangsprache.

Sasami wird ungemütlich

Nun der Nachfolger „Squeeze“: der Opener „Skin A Rat“ schafft lautstarke Tatsachen, gemütlich geht es hier nicht zu. Harte Riffs dominieren, Sasamis Stimme hallt mechanisch bis kreischend durch die Zerstörungsorgie. Und nein: Tiere sind nicht die Adressaten dieser Vernichtungswünsche. Der belgische Violinist wie Drummer Dirk Verbeuren stärkt dabei rhythmustechnisch ihren Rücken, so wie er es sonst bei Genregrößen wie Soilwork oder Megadeth tut. Systeme der Ausgrenzung, der Ungerechtigkeit oder der Diskriminierung als Adressaten: Nein, mit einem Stiefeldruck lässt sich sowas nicht beenden, aber träumen wird man davon ja noch mal können dürfen, vor allem an einem Tag wie heute.

Weibliche Aggression

Auch das Plattencover atmet Metal, ebenso wie dominante, weibliche Aggression: Die Figur der „nassen Frau“ Nure-onna, eine Dämonin aus der japanischen Mythologie, bezaubert und vernichtet die Männer und bildet damit eine starke Antwort auf die besonders im Death Metal üblichen Gewaltdarstellungen an Frauenkörpern. Mächtige Klampfenwände mit Industrialrumms machen „Say It“ zu einem Highlight für Lärmfetischisten, NIN lassen grüßen. „Call Me Home“ im Anschluss stellt einen von mehreren Brüchen dar – die Wut ist passé, der Wunsch nach Veränderung zwingt zum Aufbruch, doch tröstenderweise bleibt ein wertschätzendes Zuhause zurück. Ein sanfter Indie-Rocker zum Erden, bevor die Gitarren in „Need It To Work“ wieder bedrohlich anschrägen.

Sasami zwischen Wut, Verzweiflung und Hoffnung

Weitergehend verarbeitet „Squeeze“ vielerlei Einflüsse aus New Wave, Folk, Country, Klassik, Industrial oder Pop, und ja, daran muss man sich gewöhnen und skippt das eine oder andere Stück, welches gerade nicht zur Stimmung passt, vielleicht auch mal vor. Oder man betrachtet „Squeeze“ wie eine Aufführung, bei der die Protagonistin eine Reise antritt durch diverse Stadien zwischen Wut, Verzweiflung und Hoffnung. Das vermittelt Erkenntnisgewinn. Ob der dargebrachten Güte der Songs, am Ende sogar kathartischen Hörspaß.

„Squeeze“ von Sasami erscheint am 25.02.2022 bei Domino. (Beitragsbild von Angela Ricciardi)

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