Sarah McCoy: High Priestess

Sarah Mcoy Press Photo credit Anka

Auf ihrem zweiten Album „High Priestess“ bewegt sich Sarah McCoy in einem musikalischen Spannungsfeld aus Tradition (Blues, Soul, Jazz) und elektronisch verfeinertem Songwritertum

Falls es noch jemanden wie mich geben sollte, der 2019 das Debüt „Blood Siren“ der US-Amerikanerin Sarah McCoy verschlafen hat und keine Ahnung hat, was in den nächsten knapp 40 Minuten auf sie/ihn zukommt beim Hören des Nachfolgers „High Priestess“, dann würde mich interessieren, ob die Faszination für das Gehörte dabei ebenso schnell entstehen würde, wie es bei mir der Fall war. Der dezent/bedrohliche Start aus glockenklaren Keyboard-Tupfern sowie Synthie-Bass-Läufen vor dieser Stimme, bei der man gleich spürt, dass sie im Begriff ist sich gerade warmzulaufen und man mit allem rechnen muss und darf, machte es zumindest mir unmöglich, weiter zu skippen oder gar auszuschalten.

McCoy kündigt derweil an, dass sie keine Gefangenen macht – weder bei den Hörenden, die ihr demnächst verfallen werden, noch bei dem im Song „Weaponize Me“ angesprochenen Subjekt, dessen Gift wie Lügen ihr Magazin zum vernichtenden Rückschlag vollmachen. Auch „Go Blind“ anschließend erzählt nicht gerade von einer beidseitig-befriedigenden Partnerschaft: Storys, die das Leben schreibt und bereits etliche Male Inspiration darstellten für große Kunst.

Eliminierter Anachronismus

Sarah McCoy High Priestess Cover Gentle Threat

Sarah McCoy bewegt sich dabei in einem musikalischen Spannungsfeld aus Tradition (Blues, Soul, Jazz) und elektronisch verfeinertem Songwritertum, welches jeden Anachronismus aus den Tonfolgen eliminiert. Hat vielleicht etwas zu tun mit dem Einfluss ihrer Partner sowie Förderer, nämlich zum einen Produzent Renaud Letang (Feist, Jean Michel Jarre, Charlotte Gainsbourg, Chilly Gonzales). Oder eben Jason Charles Beck aka Chilly Gonzales himself, in dessen Vorprogramm McCoy nach Jahren der Ochsentour zwischen verräucherten Bars und belebten Straßen 2017 landete, nachdem der französische Filmemacher Bruno Moynie sie durch eine Dokumentation bekannter machte und eine Frankreich-Tour anregte. Inzwischen lebt sie dort, ihre Tourdaten im März berücksichtigen hauptsächlich ihre neue Heimat.

Sarah McCoy rockt die Elbe

In Deutschland kann man sie bisher nur auf dem Elbjazz im Hamburg im Juni bewundern – vielleicht ein Umstand, der der Tatsache geschuldet ist, dass „Blood Siren“ auf Blue Note erschienen ist und McCoy in Deutschland bisher weniger im Pop/Rock-Kontext rezipiert wurde. Eine Schande. Ein Stück wie „Long Way Home“ mit seiner brillianten, angeschrägten Gospel-Dynamik würde auch ein Roadburn-Festival rocken oder im Vorprogramm der Swans. Mit Amy Winehouse ist McCoy bereits verglichen worden sowie mit Nina Simone – ein wenig Etta James mag einem ebenso in den Sinn kommen. Vor allem jedoch gebührt der „Hohepriesterin“ ein eigenes Fach im Plattenladen Eures Vertrauens ebenso wie in jeder privaten Sammlung.

„High Priestess“ von Sarah McCoy erscheint am 27.01.2023 bei Gentle Threat / PIAS. (Beitragsbild-Credit: Anka)

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