Ryley Walker: Coursed In Fable

Ryley Walker credit Emma Smith

Eine Mischung aus nerdiger Perlentaucherkunst sowie zeitgenössischer Grenzenlosigkeit: Der amerikanische Musiker Ryley Walker überzeugt erneut

Für einen 1989 Geborenen hat Ryley Walker einen interessanten Musikgeschmack. Der US-Amerikaner aus Illinois ist eng verzahnt mit der Impro- sowie Jazzszene aus Chicago und darüber hinaus ein exzellenter Rock-Gitarrist. Einige seiner Veröffentlichungen, der hier besprochene Longplayer ist da keine Ausnahme, evozieren Gedanken an längst vergangene Großtaten der progressiven Folk- wie Artrockszene von der anderen Seite des großen Teichs – an Werke von Nick Drake, Caravan oder Gong. Auch der Laurel Canyon-Sound der USA findet bei ihm allerdings kreativen Nachhall – Assoziationen zu Joni Mitchell, Tim Buckley oder Neil Young sind ebenfalls nicht von der Hand zu weisen. Manchmal lässt er seine Gitarre sogar klingen wie die von Iron Butterfly. Der Postrock, wie er in den Neunzigern noch definiert wurde (vor allem von Chicago-Bands wie Tortoise oder Gastr Del Sol) ist ebenso fest in Walkers Sound verankert.

Ryley Walker huldigt einem schrägen Anachronismus

Ryley Walker Course In Fable Cover Husky Pants Records

Kein Wunder, dass bei dieser Mischung aus nerdiger Perlentaucherkunst sowie zeitgenössischer Grenzenlosigkeit vor allem Kritiker auf die inzwischen zehn Studioalben Walkers steil gehen – darunter Kooperationen mit Bill MacKay oder, vor Kurzem erst erschienen, den japanischen Sphären-Rockern Kikagaku Moyo. Im Gegensatz zu Letzteren ist „Coursed In Fable“ kein rein instrumentales, sondern mal wieder ein Songalbum geworden und erinnert an das 2015 veröffentlichte „Primrose Green“. Lieder, die einem fast vergessenen, schrägem musikalischen Anachronismus huldigen und auch lyrisch nie eindeutig sind – sogar die Tweets des fleißigen Twitterers sind oft nicht eindeutig interpretierbar und spielen mit verschiedenen Ebenen. Bill MacKay unterstützt Walker auf diesem von John McEntire produziertem Werk (der Drummer von Tortoise oder The Sea And Cake produzierte bisher u.a. Broken Social Scene oder Stereolab), ebenso wie Schlagzeuger Ryan Jewell sowie Bassist Andrew Scott Young.

Stimme und Gitarre verleiten zum Schwelgen

Diverse Streicher komplettieren den fetten Sound dieser Prog-Folk-Rock-Scheibe, die soundtechnisch einen Solitär zwischen aktuellen Veröffentlichungen darstellt. Walker, der seine EU-Tour 2019 wegen seiner Depressionen abbrechen musste und durch den pandemiebedingten Lockdown seit 2020 seine Zeit nutzte um wieder fitter zu werden sowie sich kreativ in Studios auszutoben, ist ein Talent, das noch viel zu sehr unter dem Radar der Meisten schwebt und bereits jetzt ein herausragendes wie diverses Gesamt-Werk vorzuweisen hat, das seinesgleichen sucht. „Coursed In Fables“ enttäuscht in diesem Rahmen kein Stück; muss sich jedoch erarbeitet werden, wenn man den simpleren Songaufbau vieler zeitgenössischer Kompositionen gewohnt ist. Eine Mühe, die sich lohnt. Diese Stimme sowie dieser Gitarrensound verleiten zum Schwelgen, beleidigen dabei allerdings niemals durch simple Akkorde oder nichtssagendes Geschwätz den Verstand. Seit ein paar Wochen bereits auf Bandcamp verfügbar, ab kommenden Freitag auch haptisch im Plattenladen Eurer Wahl. Anspieltipp: Alles.

„Coursed In Fables“ von Ryley Walker erscheint am 30.04.2021 bei Husky Pants Records / Cargo Records. (Beitragsbild von Emma Smith)

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