Ronja von Rönne: Ende in Sicht

Ronja von Rönne by Mehran Djojan

Ronja von Rönne beschreibt in ihrem aktuellen Roman „Ende in Sicht“ die Begegnung zweier Frauen, die es satt haben

Der Titel “Ende in Sicht” passt aktuell wie kein anderer. Auch lädt die Schnecke mit Disco-Kugel auf dem Cover zu wunderbaren Spekulationen ein um das Treffen zweier Frauen, die beschlossen haben sich das Leben zu nehmen. Man erwartet trockenen, schwarzen Humor und Einsicht in das, was die Essenz des Lebens ausmacht. Leider hinkt die Erzählung der Erwartung hinterher, was einerseits an der Sprache und zum anderen an den Figuren liegt.

Alternde Tanz-Maus trifft depressiven Teenager

Ronja von Rönne Ende in Sicht Cover dtv

Es ist eine Freude Hella kennenzulernen. Als Typ “alternde Ego-Tanzmaus”, die sich als Sängerin gerne ins Tourleben gestürzt hat, bleibt ihr mit 69 Jahren nur noch ein leeres Konto wegen fehlender Aufträge und die Einsicht sterben zu wollen. Warum aber gerade sie in der Schweiz den Freitod wählen will, während sich ihr ganzes Leben nur um sie selbst und ihre eigenen Vergnügen gedreht hat, bleibt unklar. Als Leser*in nimmt man dieser Figur die Entscheidung nicht ab. Anders geht es mit Juli, dem jungen verlassenen Teenager. Sie wächst mit der Hilf- und Sprachlosigkeit ihres Vaters auf und wünscht sich nichts mehr, als Anerkennung und Zugehörigkeit, die ihr die verschwundene Mutter verweigert.

Dabei will Juli keinesfalls wie die Mutter sein und einfach verschwinden, dennoch schlägt sie gleich zu Beginn genau diesen Weg ein und verschwindet ohne ihrem Vater Bescheid zu sagen. Es ist die Suche nach Wärme und Zugehörigkeit, dem Wunsch den Panikattacken zu entkommen, die Juli uns Leser*innen nahe bringt. So kann man auch über ihren missglückten Selbstmordversuch hinwegsehen, der zwar Fragen aufwirft, aber am Ende wohl nicht ernst gemeint war. Denn eigentlich will Juli nicht sterben.

Rönnes Roman fehlt es an sprachlicher Finesse

Obwohl die Begegnung von Hella und Juli das Interesse der Leser*in wach halten, stolpert es sich manchmal durch den Text. Rönnes Roman ist sprachlich sehr einfach, manchmal fast platt geschrieben. “Ungemein schnell machten seine Worte die kurze erotische Fantasie zunichte mit den Worten, die keine Frau gerne hört: Ziehen Sie sich erst mal wieder an.” Manchmal holpert es auch etwas stärker. “Einen letzten Blick warf Hella auf den Herrn, der die (…) Sprinkleranlage (…) betrachtete, die ganz vielleicht tatsächlich in diesem billigen Motel installiert war.” Oft nutzt Rönne bekannte Bilder, belebt Kalauer und hält sich knapp, ohne daraus ein gekonntes Stilmittel zu entwickeln.

Ein Roadtrip mit überraschendem Ende

Ronja von Rönne wählt ein klassisches Roadmovie für die Suche, ihrer beiden Protagonistinnen. Diese Idee funktioniert gut, erkennt man zum einen Autobahnraststätten und Bahnhöfe wieder und kann sich gut in die leere, unpersönliche Transit-Atmosphäre der Orte hinein versetzen. Auch vermitteln sie gerade die Sehnsucht danach, das Alte und Unerträgliche hinter sich zu lassen. Doch manche Situationen wirken dabei überspitzt, die Randfiguren teilweise zu eindimensional. Die Essenz des Buches geht dabei trotzdem nicht verloren: die Schönheit und das Rettende, was eine Begegnung zwischen zwei Menschen mit sich bringen kann. Das Ende überrascht zudem mit einem Twist, so dass man immerhin lächelnd das Buch zur Seite legt.

Ronja von Rönne: “Ende in Sicht”, dtv , Hardcover, 251 Seiten, 978-3-423-28291-8, 22,- Euro. (Beitragsbild von Mehran Djohan)

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