Ron Sexsmith: Long Player Late Bloomer

Ein begnadeter Songwriter

von Gérard Otremba

Seit 1991 veröffentlicht der kanadische Songwriter Ron Sexsmith regelmäßig überaus ambitionierte Alben, ohne jedoch die rechte breite Publikumsaufmerksamkeit zu erheischen. Zehn offizielle Studioplatten und eine Raritätensammlung sind es bis dato geworden, mit „Long Player Late Bloomer“ erschien nun seine elfte Platte.

Ron Sexsmith und die hohe Kunst des exzellenten Songwritings

Die ersten Alben von Ron Sexsmith erschienen praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit, erst mit der 2001 vorgelegten und von Steve Earl produzierten CD „Blue Boy“ eröffnete sich der 46-jährige in Toronto lebende Sexsmith eine größere Fangemeinde, auch in Europa. Ein Nischendasein führt er irgendwie aber immer noch. Höchst bedauerlich, denn mit Alben wie eben „Blue Boy“, „Cobblestone Runway“ und ganz besonders „Retriever“ exerziert Sexsmith die hohe Kunst des exzellenten Songwritings. Seiner samtweichen und geschmeidigen Stimme bei Songs wie „Imaginary Friends“, „Not About To Lose“ oder „From Now On“ zu lauschen, hat eine ungemein beruhigende Wirkung. Und ein alter Romantiker ist er letztendlich auch.

Ron Sexsmith pendelt zwischen Jackson Browne, Billy Joel und Burt Bacharach

Diese Markenzeichen sind natürlich auch auf „Long Player Late Bloomer“ reichlich zu finden. Sexsmith beherrscht die Gabe eines völlig unaufgeregten Musizierens. Es klingt alles sehr laid back und wohlig, verliert aber doch fast nie an Tiefe. „The Reason Why“ ist so ein typischer Sexsmith-Song, immer schwer mit dem Mainstream kokettierend und dann doch mit bestem Jackson-Browne-Feeling versehen. Und der Piano-Man Billy Joel lässt auch schön grüßen. „Get In Line“ funktioniert ganz ähnlich, eine unglaublich fluffige Melodie fängt den Hörer ein, alles fließt perfekt ineinander, eine makellose Komposition. Und aus diesem Flow kommt Sexsmith gar nicht mehr raus. „Believe It When I See It“ ist eine elegante und romantische Hymne, „Miracles“ wirkt fast tiefenentspannt, bewegt sich jedoch nah am Kitsch. „No Help At All“ hätten die Carpenters sicherlich liebend gerne gecovert, jedenfalls wird dieser Song mit ganz viel Burt-Bacharach-Harmonien versetzt.

Große Momente der Popmusik

Westcoast-Pop der 70er bietet Ron Sexsmith mit dem Titelstück „Late Bloomer“, während sich „Middle Of Love“ als einnehmender Schubidu-Pop mit Background-Chören entpuppt. Die große Nachdenklichkeit ereilt ihn dann in „Michael And His Dad“. Zusammen mit „Every Time I Follow“ bietet Sexsmith hier einfach nur große Momente der Popmusik. Eine richtig coole Sau wird der Kanadier dann zu „Eye Candy“ und präsentiert einen dezenten, über den Dingen schwebenden und sich feiernden Country-Pop. Mit „Long Player Late Bloomer“ ist Ron Sexsmith wieder einmal ein vorzügliches, musikalisch kohärentes Album gelungen. Wann, wenn nicht mit „Long Player Late Bloomer“ sollte er eine breitere Öffentlichkeit von seiner Kunst überzeugen können?

„Long Player Late Bloomer“ von Ron Sexsmith ist Ende Februar 2011 bei Cooking Vinyl/ Indigo erschienen.

 

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