Red Ribbon: Planet X – Albumreview

Red Ribbon by Kelsey Hart

Emma Danner, alias Red Ribbon, hat mit „Planet X“ ein schleichend beeindruckendes, ganz starkes Album aufgenommen

Nicht so einfach, die Band Red Ribbon im Netz zu finden – das gleichnamige Solidaritätssymbol mit HIV-Infizierten dominiert die Berichterstattung selbstverständlich. Ob der Name der Formation um die in LA lebende Singer/Songwriterin Emma Danner gerade deswegen gewählt wurde entzieht sich meiner Kenntnis. Passen würde es, behandelt Danner auf ihren Songs doch allerlei Übel dieser Welt, im Großen wie im Kleineren, Zwischenmenschlichen. Das tut sie auf zarte, verhuschte Weise; mal alleine, mal mit ihren Mitstreiter:Innen, die, ebenso wie sie selbst, diverse Instrumente dazu benutzen. Multi-Instrumentalist:Innen sollen sie alle sein, man merkt das nicht gleich: „Planet X“ ist das Gegenteil von einem Werk das in die Welt gesetzt wurde um beeindruckte, offene Münder zu produzieren. Nicht sofort, zumindest.

Größeres Arrangement bei der Single „Way“

Red Ribbon Planet X Cover Danger Collective

Laut Danner kann man einen Song nicht zweimal auf die gleiche Weise spielen, „A song only exists as it is for one moment“, wie sie in diesem Interview erkärt. Das ist schade, wenn man sich z.B. in den reduzierten Vortrag am Piano beim Opener „Weight Of Man“ verliebt hat und das genau so live zu erleben erhofft. Aber toll, weil 1:1 Live-Adaptionen unterm Strich langweilig sind und Spannung durch Veränderung entsteht. Die Single „Way“ punktet mit größerem Arrangement sowie vielen Beteiligten, zu ihren Verbündeten zählen wohl bis zu vier weitere Musizierende: Zur zweiten Platte „Dark Party“ (2018) gab es noch Bandfotos, auf den aktuellen Bildern sieht man nur noch sie.

Red Ribbon evoziert Warpaint

Doch egal wie viele Menschen um Danner herumschrammeln und Soundlandschaften kreieren zwischen weirdem und nicht ganz so weirdem Folk, zwischen verhaltener Americana mit Cinemascope-Ausblick, laid-back Rock’n’Roll oder Shoegaze: Sie ist der Boss. Assoziationen zu Warpaint entstehen häufiger beim zunehmend intensiver werdenden Hörgenuss, Gemma Ray ist nicht weit weg, zumindest ihre Art des Gitarrenspiels. An den Reglern bei diesem vielschichtigen Werk (bei den meisten Stücken) saß dabei Randall Dunn, ein scheuklappenbefreiter Klang-Künstler, der bereits mit Avantgardisten wie Sunn O))), Oren Ambarchi, Boris oder Earth arbeitete sowie mit Singer/Songwriteinnen wie Jesse Sykes oder Marissa Nadler.

Neue Definition von Dream-Pop

Herausgekommen sind dabei Kleinode wie z.B. „Hold“, das sich langsam ins Bewusstsein schmeichelt mit folkig gezupfter Gitarre vor unheilvoller elektronischer Soundwand, leicht ins Klagen ausreißender, vokaler Beschwörung sowie staubtrockenem Bass. Oder „Renegade“ mit seiner träumerischen Leichtigkeit voller stimmlichem Hall, die getragen wird von smoothem Minimalriffing. Die neue Definition von Dream Pop? Fakt ist: Wer sich bei Klängen wohlfühlt, wie sie z.B. Hope Sandoval oder auch Slowdive produziert haben und wer die EP „Exquisite Corpse“ von Warpaint über alles liebt, der ist mit Sicherheit bei „Planet X“ ebenso an der richtigen Stelle. Dass Warpaint auf dieser EP „Billie Holiday“ huldigen und diese von Emma Danner als große Inspiration benannt wird, kann diesbezüglich als ein Zeichen gesehen werden. „Planet X“: Eine schleichend beeindruckende, ganz starke Platte.

„Planet X“ von Red Ribbon erscheint am 30.07.2021 bei Danger Collective / Cargo Records. (Beitragsbild von Kelsey Hart)

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