Der dystopische Klassiker „Fahrenheit 451“ von Ray Bradbury in einer Neu-Übersetzung von Peter Torberg
Mit dem Satz „Es war eine Lust, Feuer zu legen“ beginnt „Fahrenheit 451“. Diese Lust verspürt der 30-jährige Guy Montag in Ray Bradburys im Original 1953 veröffentlichten und nun in einer Neu-Übersetzung von Peter Torberg vorliegenden Romans. Montags Lust am Feuerlegen ist berufsbedingt. In Bradburys Zukunftsvision arbeiten bei der Feuerbrigade „fireman“, jetzt richtigerweise als Feuermann ins Deutsche übertragen, deren Aufgabe es ist, aufgespürte Bücher zu verbrennen. Bücher werden in diesem Zukunftsstaat als Anreiz zum selbständigen Denken betrachtet und sind somit verboten. Menschen, die sich mit Büchern und den Ideen großer Denker abgeben sind eine Gefährdung der Konformität des gesellschaftlichen Systems. Eine sich in der Fernsehberieselung auf heimischen Videoleinwänden, durch triviale Unterhaltung und Drogen ausdrückende Konformität in einer technisch perfektionierten Welt.
Montag beginnt zu zweifeln
Die Begegnung mit einer 17-jährigen, vom Staat bald beseitigten Freidenkerin, der Selbstmordversuch seiner Frau Mildred sowie der Freitod einer älteren Frau, die sich bei einem seiner Einsätze samt ihrer Bücher verbrennen lässt, verursachen bei Montag Zweifel an seiner Tätigkeit. Er entwendet ein Buch, das er heimlich liest und schon bald gehört er zu den Systemgefährdern. Von seiner Frau denunziert, tötet Montag beim Verbrennen seines Hauses den eigenen Vorgesetzten, die Jagd auf ihn beginnt. Mit Hilfe eines pensionierten Literaturprofessors gelingt ihm die Flucht zu einer außerhalb der Stadt im Untergrund lebenden Gruppe von Menschen, die gelesene Schriften in ihrem Kopf abgespeichert haben, um sie vor dem Vergessen zu retten.
Die erschreckende Aktualität des Ray-Bradbury-Klassikers
Die visionäre Kraft und anhaltende Aktualität dieses fast 70 Jahre alten kulturkritischen Romans ist bemerkenswert. Damals trieb den 1920 in Illinois geborenen und 2012 in Los Angeles verstorbenen Ray Bradbury das aufkommende Zeitalter des Fernsehens in diese düsteren Vorstellungen einer totalitären Science-Fiction-Welt ohne Bücher. Heute sorgen digitale, auf das Bild setzende Angebote via Instagram oder TikTok für Schweißausbrüche unter Kulturpessimisten. Die menschliche Bestrebung, immer mehr Verantwortung an eine Künstliche Intelligenz abzugeben, wird Ray Bradbury in den letzten Jahren seines Lebens sicherlich ebenfalls mit Skepsis betrachtet haben. Ideologisch motivierte Bücherverbrennungen ziehen sich seit dem Mittelalter wie eine nicht abzuschüttelnde Klette durch die westliche Zivilisation, zuletzt war in diesem Jahr der neue Kriminalroman einer Weltbestsellerautorin ins Fadenkreuz einer aufgebrachten Trans-Community geraten. Offensichtlich ist der Ray-Bradbury-Klassiker von noch nicht genügend Menschen gelesen worden.
Ray Bradbury hofft auf lesende und denkende Menschen
„Fahrenheit 451“ schöpft seine zeitlose Klasse nicht allein aufgrund seines Plädoyers für die Freiheit des Denkens, sondern besticht nicht minder durch Bradburys expressiv-poetischen und bildhaften Erzählstil, von Torberg modern, aber ohne anbiedernde Modernismen ins Deutsche übertragen. Die Riesen-Stadt, in der Montag einst wohnte, wird am Ende des Romans atomar vernichtet. Heute drohen zwar andere Weltunterhänge. Doch ein wie auch immer geartetes, apokalyptisches Szenario kann laut Bradbury nur von lesenden und denkenden Menschen verhindert werden. Lassen wir es also nicht so weit kommen. Beginnen wir mit dem Lesen von „Fahrenheit 451“.
Ray Bradbury: „Fahrenheit 451“, Diogenes, übersetzt von Peter Torberg, Hardcover, 272 Seiten, 978-3-257-07140-5, 24 Euro. (Beitragsbild von V. Tony Hauser)
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