Philip Oehmke: Die Toten Hosen – Am Anfang war der Lärm

Von illegalen DDR-Konzerten bis hin zu „Tage wie diese

von Gérard Otremba

Campino und seine Toten Hosen, eine faszinierende, über 30 Jahre alte Bandgeschichte, die „Spiegel“-Redakteur Philipp Oehmke in der autorisierten Biographie Am Anfang war der Lärm niedergeschrieben hat. Es ist die wundersame Story eines Düsseldorfer Punks, der mit seiner, aus der Band ZK hervorgegangenen Formation Die Toten Hosen vom Spaß-Bürgerschreck zur bekanntesten deutschen Rock-Band avancierte. Oehmke verfolgt die Karriere der Toten Hosen seit Ende der 80er Jahre und interviewte die Band zum ersten Mal 1992. Mit der Zeit bekam er tiefere Einblicke in die Bandstruktur und begleitete Die Toten Hosen auf diversen Tourneen und sprach während der Recherche für das Buch mit Band- und Familienmitgliedern, ehemaligen Weggefährten und Personen aus dem aktuellen Umfeld. Herausgekommen ist eine amüsante, nie verklärende, aber stets interessante und lesenswerte Bandbiographie. Das Buch lebt von lustigen Anekdoten, wie der vom Gründungsmythos der Band:

„Andi Meurer hatte einen Bass, er würde versuchen, darauf zu spielen. Walter Hartung, ab sofort Walter November in Anlehnung an Gene Ocktober von Chelsea, werde zweiter Gitarrist, Kuddel müsse ihm das nur noch beibringen. Proben wollten sie erst mal bei Trinis Freund Muscha, der ein Loft um die Ecke hatte, auf der Kölner Straße, wo ein Schlagzeug stand. Um alles weitere – Auftritte, Plattenverträge, Geld und Ruhm – würde sich Jochen kümmern, der Lichtblick der Vernunft. Sein Plan: die Band bei drei Plattenfirmen gleichzeitig anbieten, die Vorschüsse kassieren und dann mit dem Geld abhauen. Alle fanden das einen absolut einleuchtenden Plan.“

Nun, abhauen mussten die Hosen nicht, kokettierten die Hosen doch bereits in der Frühphase ihrer Karriere mit Mainstreammedien, von Auftritten bei Formel Eins, über Artikel in der Bravo. Wer sich zwischen 1982-1986 für Rock-Pop-Musik interessierte, wird damals schon Frühwerke wie „Reisefieber“, „Opelgang“, „Eisgekühlter Bommerlunder“, „Liebesspieler“, oder das „Altbierlied“ unweigerlich mitbekommen haben. Heute kämpfen Campino, Kuddel, Breiti, Andi und Vom gegen die Vereinnahmung ihres letzten Riesen-Hits „Tage wie diese“, der auf jeder Sportveranstaltung und in jedem Bierzelt bis zum Abwinken gegrölt wird und durch die CDU-Größen Volker Kauder und Hermann Gröhe nach deren Wahlsieg 2013 vor laufenden Kameras einen zweifelhaften Bekanntheitsgrad erlang. In den 80ern war das noch anders. Damals traten Die Toten Hosen noch illegal in der DDR und anderen Ostblockstaaten auf. Und was sie dort erlebten, ist in Am Anfang war der Lärm heiter-gefährlich nachzulesen.

Philipp Oehmke: Die Toten Hosen – Am Anfang war der Lärm, Rowohlt Verlag, Hardcover, 978-3-498-07379-4, 19,95 €.

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Kommentare

  • <cite class="fn">rocknroulette</cite>

    hab ich zu weihnachten bekommen und bin nach der leseprobe schon sehr gespannt… gehört hab ich das letzte hosen-album nicht mehr, nachdem campino 2009 bei einem konzert mehrere totalaussetzer hatte und nicht mal genug bock, das charmant zu integrieren.

    • <cite class="fn">Pop-Polit</cite>

      Live habe ich die Hosen einmal gesehen, 1993 im Vorprogramm von U2, ewig her. Ein paar ihrer Werke fehlen mir noch. Das Buch zu lesen hat Spaß gemacht.

      • <cite class="fn">rocknroulette</cite>

        bin neugierig… hatte neulich „verschwende deine jugend“ am wickel, da kamen sie ja nicht so gut weg 😀

      • <cite class="fn">gerhard</cite>

        Da hab ich sie auch gesehen. Wie Du, einmal. War nix besonderes. Fand den Anti-FCB-Song damals klasse, leider haben sie dann den Kotau vorm Hoeneß gemacht und sich dafür entschuldigt. Wie widerlich. Eine Combo, die längst nicht mehr Punk ist. Wenn der Campino „An Tagen wie diesen“ auf dem Oktoberfest singt, weißt Du, was los ist…
        Ihre Unplugged-Platte, die sie live im Wiener Burgtheater aufgenommen haben, finde ich trotzdem ganz ok.

    • <cite class="fn">gerhard</cite>

      „Verschwende Deine Jugend“ ist ein klasse Buch und die Hosen kommen im Vergleich zu vielen im Buch vorkommenden Bands zurecht schlecht weg.

      • <cite class="fn">rocknroulette</cite>

        ja, das ist wirklich ein großartiges buch! war wirklich begeistert, wie teipel all diese interviewfetzen zu einer richtigen geschichte mit hand und fuß verwoben hat.
        deswegen hab ich jetzt schon ein wenig das gefühl, dass er mit den hosen auch recht haben könnte…

        • <cite class="fn">gerhard</cite>

          Teipel wurde übrigens vorgeworfen, dass er das Konzept des Buches von „Please Kill Me – die unzensierte Geschichte des Punk“ von Legs McNeil und Gillian McCain abgekupfert hat (eine sehr lesenswerte Chronik des US-Punk) – da mögen die Amis zwar Recht haben, das Ergebnis lässt sich trotzdem sehen. Viele Grüße, Gerhard

          • <cite class="fn">Pop-Polit</cite>

            Den Teipel habe ich schon seit Jahren ungelesen im Regal stehen… Muss ich mir dann wohl für das nächste Jahr vornehmen (owohl ich das sonst gar nie tue). Viele Grüße, Gérard. Übrigens sehe ich das Hosen-Thema total entspannt. Ja, Campino und Oktoberfest gehen nicht zusammen, vielleicht doch Ironie?

          • <cite class="fn">gerhard</cite>

            Ich gehe es – außer der FCB-Nummer – auch entspannt an, war mir die Combo doch eher immer wurscht. Ironie? Nö, der Typ ist einfach ein Depp. Hab ich übrigens auch von einem absoluten Hosen-Fan bestätigt bekommen, der den Heini schon diverse Male getroffen hat.

          • <cite class="fn">rocknroulette</cite>

            eben. abkupfern ist nur dann doof, wenn nichts brauchbares dabei rumkommt – oder?
            … und vielen dank fürs folgen 🙂

          • <cite class="fn">gerhard</cite>

            Ja, sehe ich an der Stelle auch eher locker,
            viele Grüße,
            Gerhard

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