Paul McCartney: Kisses On The Bottom

Paul McCartney goes Jazz

von Gérard Otremba

 kisses

Unlängst hat Paul McCartney seinen eigenen Stern erhalten, auf dem Walk of Fame in Hollywood. Als letzter der Beatles. Natürlich waren die Beatles als Band längst vertreten, nun sind sie also auch als Einzelpersonen endlich vollständig verewigt. Wurde schließlich auch Zeit. Fast gleichzeitig erschien sein neues Album „Kisses On The Bottom“, eine Sammlung alter Jazzstandards, von McCartney neu eingesungen.

Die Sweetness des Paul McCartney

Es ist selbstverständlich zunächst einmal ungewohnt, Paul McCartney in diesem musikalischen Gefilde zu hören. Das ganze Repertoire ist weit von seinen Beatles- Klassikern wie „Yesterday“, „Hey Jude“, Get Back“, „The Long And Winding Road“ und „Let It Be“ entfernt. Auch die Post-Beatles-Ära mir Stücken wie „Jet“, „Live And Let Die“, „Mull Of Kintyre“ und „Band On The Run“ hat mit der neuen CD-Veröffentlichung leidlich wenig zu tun. Was „Macca“ natürlich gar nicht abstellen kann, ist seine Sweetness. Er war ja schon zu Beatles-Zeiten everybodys darling und Mamas Lieblingsschwiegersohn. Es nimmt also nicht Wunder, daß McCartney auf dem Cover mit einem fetten Blumenstrauß grüßt.

Paul McCartney, Diana Krall und das London Symphony Orchestra

Aus dem im Booklet vorliegenden Interview ist McCartneys Wunsch zu entnehmen, schon immer mal ältere Songs aufzunehmen, die früher in kuscheliger Heimatmosphäre von der Familie am Neujahrstag gesungen wurden. Nun hat sich Paul McCartney diesen Herzenswunsch erfüllt und läßt uns alle daran teilhaben. Und wie es bei einem alten Profi wie McCartney zu erwarten war, läßt er diese nostalgischen Stücke edel und formvollendet erklingen. Neben Pianistin Diana Krall und deren Band läßt Paul McCartney bei diversen Songs auch noch das London Symphony Orchestra aufspielen und zeigt in seinen Arrangements, wie tieftraurig die Romantik im Grunde ihres Herzens doch ist.

Traurige Songs mit Eric Clapton und Stevie Wonder als Gastmusiker

Denn das sind die meisten Songs auf „Kisses On The Bottom“, einfach nur traurig, Songs wie „I’m Gonna Sit Right Down And Write A Letter“ von Joseph Young und Fred Ahlert, „More I Cannot Wish You“ von Frank Loesser, „Always“ von Irving Berlin, oder „Bye Bye Blackbird“ von Mort Dixon und Ray Henderson. Egal, ob mit oder ohne Orchester-Begleitung, McCartney arrangiert mit leiser und zarter Eleganz und singt auf nonchalante Art und Weise. Traurig, aber wunderschön. Hin und wieder verirrt sich eine fast schon aufgekratzt zu nennende Violine (bei „It’s Only A Paper Moon“ von Harold Arlen) oder eine Bluesgitarre von Eric Clapton (bei „Get Yourself Another Fool“ von Frank Haywood und Ernest Monroe Tucker) in einzelne Stücke, fröhlicher wird die Platte dadurch nicht.

Paul McCartney ist und bleibt ein cooler und perfekter Musiker

Paul McCartneys zwei neue eigene Songs reihen sich perfekt in diesen traurigen Liedreigen ein. „My Valentine“ mit Claptons sehnsüchtiger akustischer Gitarre und „Only Our Hearts“ mit Stevie Wonders unnachahmlichem Mundharmonika-Spiel klingen wie ihre gecoverten Vorbilder. Und gäbe es noch Stöver und Brockmöller im Hamburg-Tatort, hätten sie zwei neue Songs in ihr Jazzrepertoire aufzunehmen. Mit „Kisses On The Bottom“ zeigt Paul McCartney einmal mehr, welch cooler und perfekter Musiker er ist.

„Kisses On The Bottom“ von Paul McCartney ist am 3.2.2012 bei Hear Music / Universal erschienen.

Kommentar schreiben