Patti Smith live in Hamburg 2022 – Konzertreview

Patti Smith And Band Pressefoto Karsten Jahnke GmbH

Die hingebungsvolle und coole Patti Smith verzaubert das Hamburger Publikum beim Konzert am 07.06.2022 im Hamburger Stadtpark

„It’s hard to say goodbye“ sind die letzten Worte, die Patti Smith kurz vor 22 Uhr zu ihren Hamburger Fans sagt. Ja, es ist auch hart für die Fans, tschüss zu sagen. Ähnlich angetan wie Smith vom Hamburger Publikum, zeigt sich dieses begeistert vom Auftritt der amerikanischen Rock-Ikone in der Stadtpark-Open-Air-Arena. Pandemiebedingt musste das Konzert um zwei Jahre verschoben werden, so dass nun fünf Jahre ins Land gegangen sind, seit Smith mit ihrer Band, bestehend aus Gitarrist Lenny Kaye, Schlagzeuger Jay Dee Daugherty – beide sind bereits auf ihren legendären Debütalbum „Horses“ von 1975 zu hören – Bassist und Keyboarder Tony Shanahan sowie Smiths Sohn Jackson an der Gitarre an gleicher Stelle in gleicher Besetzung in Hamburg zu Gast war (Sounds & Books berichtete).

Patti Smith zwischen Wut und Liebreiz

Fünf Jahre sind zwar vergangen, aber die magische Ausstrahlung Patti Smiths ist geblieben. 75 Jahre jung ist die sogenannte „Godmother of Punk“ mittlerweile, aber immer noch birst sie schier vor Energie. Ihr Auftreten ist mal wieder einfach hinreißend. Da ist die Wut über die vielen in Kriegen, Schulmassakern und anderen Verbrechen zum Opfer gefallenen Kindern, deren Eltern und Angehörigen sie Kraft schickt, bevor sie sich in ein beherztes „Boy Cried Wolf“ stürzt. Und da ist der Liebreiz während der wunderschönen Dylan-Coverversion von „One Too Many Mornings“, die einem Gänsehautmomente beschert. Mit ihrer immer noch beeindruckend kräftigen Stimme gibt sie jederzeit den Ton an und führt durch ein Programm aus sehr alten Stücken, wie dem tänzelnden, reggaehaften „Redondo Beach“, dem fulminanten „Dancing Barefoot“, oder dem bebend-rockenden „25th Floor“, und Songs „jüngeren“ Datums – das letzte Smith-Album „Banga“ erschien 2012 – wie dem trancehaften „Nine“, oder der mäandernden, an Neil Young erinnernden Ballade „Grateful“.

Hingabe und Lässigkeit

Patti Smith verkörpert an diesem Abend Hingabe und Lässigkeit in einer Person. Sogar die Entfernung ihrer Mütze mit einem Wurf Richtung Schlagzeug gerät zu einem legeren Bewegungsablauf, für den manch ein junges Model lange üben müsste. Zu dem Patti-Smith-Song-Programm gesellen sich noch ein paar Cover-Stücke, u.a. der Opener „The Wicked Messanger“ (Bob Dylan) und „Since I‘ve Been Loving You“ von Led Zeppelin. Sie tritt da in direkte Konkurrenz zu Robert Plant, und da dieser keine Led-Zep-Reunion möchte, sollte Jimmy Page vielleicht mal Frau Smith fragen. Das mit einem Ständchen bedachte Geburtstagskind Tony Shanahan darf „Stone Free“ von Jimi Hendrix singen und alle, die ein Springsteen-Ticket für die Show nächstes Jahr im Volksparkstadion erstanden haben, können schon mal den Text und das Tanzen bei „Because The Night“ einüben.

Patti Smiths entfesselte „Gloria“-Version

Dazwischen nimmt Smith einen Blumenstrauß aus dem Publikum entgegen und wirft es einem anderen Fan zu. An anderer Stelle lässt sie das Publikum die Freiheit spüren und immer wieder winkt sie den Besuchern zu und lächelt verschmitzt. Unabhängig von der grandiosen Musik ist es ein pures Vergnügen, Smith als Performerin beobachten zu können. Als Patti Smith das Wort „Jesus“ ins Mikrophon sagt, reagieren die Fans prompt mit der Fortsetzung „died for somebody’s sins, but non mine“, was Smith zu der Aussage verleitet, es sei „just like a Adele concert“. Es folgt eine entfesselte, gar rauschhafte Züge annehmende „Gloria“-Live-Version, die Adele wahrscheinlich so nicht ganz hinbekäme. Als Zugabe der gewohnte Crowd-Pleaser „People Have The Power“ und dann der schwere Abschied. Aber in zwei Jahren ist Patti Smith hoffentlich wieder zurück im Stadtpark. Um alle mit einem weiteren, ähnlich imponierenden, fast zwei Stunden währenden Konzert zu verzaubern.

(Beitragsbild: Pressefoto, Karsten Jahnke GmbH)

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