Östro 430: Keine Krise kann mich schocken

Östro 430 Martina Weith und Bettina Flörchinger credit privat Tapete Records

Die kompletten Studio-Aufnahmen der Düsseldorfer Frauen-Punk-Ska-Band Östro 430

Aufgrund der Corona-Krise mussten zwar die für Mai geplanten Konzerte von Östro 430 auf Dezember verschoben werden (u.a. am 04.12. im Hamburger Hafenklang), aber sie existiert wieder, die legendäre Düsseldorfer Punkband. Mit Sängerin und Saxophonistin Martina Weith und Keyboarderin  Bettina Flörchinger gehören zwei Gründungsmitglieder dem aktuellen Line-Up an. In unterschiedlicher Besetzung sorgten die beiden zwischen 1979 und 1984 mit ihrer Band Östro 430 für Furore. Als Support für Fehlfarben erreichte das Frauen-Quartett Bekanntheit über Düsseldorf hinaus, existierte aber dann doch nur knapp fünf Jahre lang und brachte 1981 eine EP mit acht Songs („Durch dick & dünn“) sowie 1983 ein einziges Studioalbum („Weiber wir wir“) heraus.

Das Gesamtwerk von Östro 430

Östro 430 Keine Krise kann mich schocken Cover Tapete Records

Mit dem Ende ihres Labels Schallmauer Records, das 1980 bereits drei Songs der Band auf einem Samper veröffentlichte, war auch für Östro 430 Schluss. Gitarren spielten bei der Formation praktisch keine Rolle, die instrumentale Konzentration galt Keyboard, Bass, Schlagzeug und Saxophon. Mitnichten also reiner Hau-drauf-Punk, und schon gar nicht kommerzialisierte Neue Deutsche Welle. Vielmehr ein Konglomerat aus Punk, Ska und New Wave, irgendwo zwischen Nina Hagen und Ideal. Ungestüm und windschief, aber energetisch und originell hören sich die 24 Aufnahmen an, die das Hamburger Label Tapete Records als Gesamtwerk unter dem Titel „Keine Krise kann mich schocken“ (benannt nach dem gleichnamigen Band-Song) veröffentlicht.

Manifeste weiblich-sexueller Selbstbestimmung

So simpel die Songs letztendlich gestrickt sind, so groß ist ihre Wirkung auch heute noch. Martina Weiths Texte über die Sexualität aus weiblicher Sicht waren und sind selbstbewusst, provokant, demonstrativ, ehrlich, schonungslos und radikal. Wie heißt es so schon in „Sei lieb“: „Jetzt lass mich doch an deinen Schwanz / Vollführ‘ nicht so ’nen Jungferntanz / Mein Schatz, ich tu dir doch nicht weh / du wirst schon seh’n, das geht O.K.“ Die andere Art des Feminismus. Mit solchen unverblümten und parolenhaften Befreiungsschlägen warf Weith nur um sich und bewies wie in „Triebtäter“ auch noch eine humoristische Seite. Auch weitere Songs wie „Vampir“, „Randale und Bier“, „Das quietschende Bett“, „Sechzehn“, „Sexueller Notstand“ und „Zu cool“ sind nicht nur Einladungen zum Pogo-Tanz, sondern Manifeste der weiblichen Selbstbestimmung in einer männerdominierten Welt.  

„Keine Krise kann mich schocken“ von Östro 430 erscheint am 08.05.2020 bei Tapete Records. (Das Beitragsbild zeigt Martina Weith und Bettina Flörchinger im Jahr 1980, privat, Pressefoto)      

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