Ein ausgereiftes und ausgeglichenes neues BAP-Album
von Gérard Otremba
Zwar leitet sich der Albumtitel aus der Zeile „Lebenslänglich sucht man Zuversicht“ aus dem letzten Song „Unendlichkeit“ ab, doch scheint er ein passender für Wolfgang Niedeckens Künstlerleben zu sein. Natürlich sind 40 Jahre noch nicht lebenslänglich, aber eine bemerkenswerte Zeitspanne, auf die der Kölner Songwriter stolz sie kann. Seit 1976 ist Niedecken der Kopf von BAP, die musikalischen Begleiter wechseln, aber die Stimme bleibt. Auch nach seinem Schlaganfall 2011 ging es mit BAP weiter und fünf Jahre nach dem letzten Album Halv su wild ist nun die neue Platte Lebenslänglich erschienen.
Auf Lebenslänglich zeigt sich Wolfgang Niedecken entspannt und nachdenklich, er zieht Resümee und ist in einigen Songs Bob Dylan so nah wie nie. Beispielsweise im sanft beginnenden und langsam aufbauenden Opener „Alles relativ“, der mit Orgel und Mundharmonika glänzt und so majestätisch fließt wie der Rhein, dessen Plätschern am Anfang des Songs kurz zu hören ist. Rhythmus und Sound erinnern an Dylans Oh Mercy-Album von 1989 oder an BAPs LP Pik Sibbe von 1993. Einer der schönsten BAP-Songs der letzten 20 Jahre. Niedecken scheint mit seiner derzeitigen Besetzung (Werner Kopal am Bass, Michael Nass an den Tasteninstrumenten, Rhani Krija am Percussion, Ulrich Rode an den Gitarren, Sönke Reich am Schlagzeug und Anne De Wolff an vielen anderen Instrumenten) die richtigen musikalischen Partner gefunden zu haben.
Lebenslänglich wirkt ausgeglichen, ausgereift und steht dem 64-jährigen gut zu Gesicht. Calexico-Trompeter Martin Wenk bringt mit seinem Spiel eine hymnische Erhabenheit in „Die Ballade vom Vollkasko-Desperado“, wo Niedecken über Begebenheiten mit kruden, selbsternannten BAP-Fans und deren Folgen räsoniert. Eine gewisse altersmilde, selbstironische Haltung ist Niedecken dabei nicht abzusprechen. Natürlich singt Niedecken auch auf Lebenslänglich über zeitpolitische Themen („Absurdistan“, „Vision vun Europa“), über die Beziehung zu seiner Heimatstadt („Dausende vun Liebesleeder“), singt ein wunderschönes Liebeslied an seine Frau Tina („Zeitverschwendung“), übersetzt Bob Dylan („Simple Twist Of Fate“ wird zu „Komisch“), oder gönnt sich schlicht eine „Auszeit“.
Mal rocken BAP („Dä Herrjott meint et joot met mir“, „Dausende vun Liebesleeder“), mal verfallen sie in einen herrlich kölschen Country-Folk-Blues („Et ess lang her“), mal schwärmen sie in innigen Sehnsuchtsballaden („Miehstens unzertrennlich“, „Unendlichkeit“). Und wer weiß, vielleicht ist Wolfgang Niedecken ein ähnlich getriebener Künstler wie Bob Dylan und beide machen lebenslänglich Musik. Wenn dem Schaffen dann weitere Werke wie Lebenslänglich entspringen, hören wir BAP lebenslänglich zu.
„Lebenslänglich“ von Niedeckens BAP ist am 15.01.2016 bei Universal Music erschienen.
Es gibt ja Köllsche Jungs, die behaupten, Niedeckens Slang sei kein echtes Kölsch. Das interesiert mich ja viel weniger als die interessante Analogie zu Dylan, die Du hier aufzeigst.
Ich könnte nun wirklich nicht das Niedecken-Kölsch von einem anderen Kölsch unterscheiden. Und die Dylan-Analogie greift natürlich nicht für das ganze Album, aber den einen oder anderen Song.
Ich muß erst einmal in die Platte reinhören. Früher gehörte Bap zu meinen absoluten Lieblingsbands. Das änderte sich aber mit der Zeit, da ich nicht mehr so viel mit den neueren Platten anfangen konnte. Ich bin mal gespannt, wie es mit dieser Platte geht. Der Artikel macht Lust auf mehr.
Ich habe die letzten BAP-Jahre auch nicht mehr so intensiv verfolgt, aber das neue Album hinterlässt einen wirklich guten Eindruck.