Niedeckens BAP: Alles fließt – Albumreview

Niedeckens BAP von Tina Niedecken

Ein Hauptgewinn, das neue Album von Wolfgang Niedeckens BAP

Wie schnell dann die Zeit doch vergeht merkt man spätestens an den Bands, die einen irgendwie schon das ganze Leben begleiten. Wie zum Beispiel bei Niedeckens BAP. Diese Geschichte begann bereits irgendwann in den 80ern, als plötzlich auch in der rheinhessischen Tiefebene überall „Verdamp lang her“ gehört worden ist und man auf den Zug aufsprang. Man verstand natürlich irgendwie nicht so viel von dem Kölner Dialekt, dem Sänger Wolfgang Niedecken frönte, aber das war letztendlich auch nicht entscheidend. BAP konnten kernig rocken(„Frau ich freu mich“, „Nimm mich met“), hatten wundervolle Balladen („Do kanns zaubere“, „Helfe kann dir keiner“) und standen politisch auf der richtigen Seite („Zehnter Juni“, „Kristallnaach“). Was wollte man als Jungspund mehr?

Das neue Album von Niedeckens BAP: Ein Hauptgewinn

Niedeckens BAP Alles fließt Cover Vertigo Universal Music

Nun wird Frontmann Wolfgang Niedecken nächstes Jahr 70 Jahre alt und man selbst hat die 50 überschritten. Nach über 35 Jahren gemeinsamen Weges mit BAP könnte man leicht in Nostalgie verfallen. Doch sentimentale Gefühle lässt das neue Album von Niedeckens BAP nicht wirklich zu. Der Nachfolger des 2016 erschienenen und ziemlich guten „Lebenslänglich“ legt noch einen drauf. Nun könnte man behaupten, ein BAP-Album ist ein BAP-Album, ist ein BAP-Album, ist ein BAP-Album. Im Kern zwar eine richtige Aussage, doch gehört „Alle fließt“ sicherlich zu den besten BAP-Alben. Auf jeden Fall das beste seit Klaus „Major“ Heusers Ausstieg zur Jahrtausendwende. Bereits beim Auftakt „Hauptjewinn“ rocken Niedeckens BAP wie seit Jahren nicht mehr. Und dieser angeschlagene Rock-Drive setzt sich mit „Jeisterfahrer“ und später mit „Amelie, ob dofür“ und „Volle Kraft voraus“ blendend fort. Im vorwärtsgetriebenen „Jeisterfahrer“ rechnet der Beobachter Niedecken mit unserer Gesellschaft zwischen Ballermann und Dschungelcamp ab.

Euphorie und Nachdenklichkeit

Die politische BAP-Note hält er im anschließenden, bei uns schon als Song des Tages vorgestellten „Ruhe vor’m Sturm“ aufrecht. Eine bedrohliche Mahnung vor den Donald Trumps und anderen (Rechts-)Populisten dieser Welt. Daneben glänzt der Kölner Liedermacher mit wunderschönen Balladen wie seiner Liebeserklärung an die Tochter, „Mittlerweile Josephine“, oder mit dem besinnlichen Rückblick „Für den Rest meines Lebens“. Ob mit lauten Rock-Gitarren, elegischen Streichern oder souligen Bläsersektionen: Niedeckens BAP vereinen auf „Alles fließt“ Euphorie und Nachdenklichkeit und setzen mit der Platte ein Ausrufezeichen in ihrer nunmehr über vierzig Jahre währenden Albumkarriere.

„Alles fließt“ von Niedeckens BAP erscheint am 18.09.2020 bei Vertigo / Universal Music. (Beitragsbild von Tina Niedecken)

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