Der Kronprinz
von Gérard Otremba
Romantik, Melancholie, Poesie. Drei wichtige textliche und musikalische Ingredienzen für einen guten Barden. Nicolas Sturm beherrscht nicht nur diese Facetten der Folkmusik, sondern auch die Kunst, jene mit der nötigen Dringlichkeit in seiner Stimme zum Ausdruck zu bringen. Egal, ob fast schreiend beim „Prolog“ und am „Nordpol“, oder die Einsamkeit evozierend beim tief berührenden „Schiffbruch“, ganz sanft mit der Akustischen zu so wunderschönen Textpassagen wie „komm verschwende deine Zeit mit mir“. Gleich zu Beginn zitiert Sturm im „Prolog“ den Meister: „don’t think twice…it’s all right“. Aber Nicolas Sturm darf das. Schließlich bewegt er sich stilsicher auf den Pfaden von Bob Dylan und Johnny Cash, da sind solche kleinen Ausleihen natürlich erlaubt. „Herzkammer“ hat diesen flotten Cash-Country-Roll, „Löcher“ erhält noch ein Brise Pop und das alles reduziert auf Gitarre, Bass und ein rudimentäres Schlagwerk. Vereinzelte Keyboardklänge sind schon die Ausnahme. „Windmühlen“ verspielt und voller Sehnsucht, die sich immer wieder in Sturms Stimme bemerkbar macht. Zwei Highlights des selbstbetitelten Albums hintereinander, doch hier jagt sowieso ein Höhepunkt den nächsten. Die Uptempo-Nummer „Idealist“ ist so einer und das leger-coole „Sauerstoff“ erst recht. Herzallerliebst auch das Glockenspiel bei „Zetermordio“ und „Ikarus“ so schwermütig wie alte Fink-Songs von Nils Koppruch. Koppruch sorgt ja zur Zeit gemeinsam mit Gisbert zu Knyphausen als Kid Kopphausen für Furore, doch die Herren müssen sich zukünftig warm anziehen, denn mit Nicolas Sturm klopft der Kronprinz dieser beiden Koryphäen des deutschen Songwritings an die Tür. Offensichtlich haben Koppruch und Knyphausen die Zeichen erkannt und Nicolas Sturm als Support für einige Konzerte ihrer Tour engagiert. „Und sie bauen eine Straße durch mein Herz“ heißt es so schön im letzten Song „Baustelle“. Tiefe Verletzungen. Letzte Halt: Die Platte von Nicolas Sturm. Bester deutscher Indie-Folk.