Nicolas Sturm live in Hamburg – Konzertreview

Der Berliner Songwriter Nicolas Sturm zwischen Gitarren-Pop, Indie-Rock und Punk

Text und Fotos von Gérard Otremba

Einst sah der Kollege Jon Landau die Zukunft des Rock’n’Roll und die hieß bekanntlich Bruce Springsteen. Wie auch immer die Zukunft des Rock’n’Roll aussehen mag, die deutsche Rock’n‘Roll-Gegenwart gehört Nicolas Sturm. Der in Berlin lebende Songwriter rockt am 09.11.2016 die SkyBar des Hamburger Molotow und beweist einmal mehr seine Klasse.

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Die Bühne gehört zunächst jedoch dem Dresdner Musiker Ansa. Mit seiner vierköpfigen Band (Bass, Gitarre, Schlagzeug und Keyboard) stellt Ansa Sauermann diverse Songs seines für das Frühjahr geplanten Debütalbums Weiße Liebe vor. Ihm gelingt ein beherztes Set aus Indie-Rock, Blues, Pop und Folk. Mit „Tal der Ahnungslosen“ hat Ansa Sauermann ein gewichtiges Statement über seine Heimatstadt geschrieben, die bekanntlich immer wieder mit negativen Schlagzeilen in den Medien aufwartet, aber eben nicht ganz Dresden repräsentiert. „Julia“ jedoch heißt die potentielle Hit-Single aus dem kommenden Album, ein Indie-Pop-Track, der mit seiner schönen und eingängigen Melodie das Zeug hat, ein breites Publikum zu erreichen. Wir sind gespannt und freuen uns auf das Album Weiße Liebe von Ansa Sauermann.

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Ein neues Album hat jüngst auch Nicolas Sturm mit Angst Angst Overkill veröffentlicht. Ein Album, das mit mehr Pop-Appeal ausgestattet worden ist, als bisher von Nicolas Sturm gewohnt. Dementsprechend beginnt Sturm sein Konzert mit „Das Ende“, eines der schönsten Songs des Albums. Viel Gitarren-Pop, eine grazile Keyboardfläche, melodietrunken mit einem melancholischen Unterton in Nicolas Sturms Stimme vorgetragen. Ein perfekter Opener, doch im Gitarren-Pop verharrt Sturm mit seiner Band (Dominik Schweizer am Bass, Hannes Winter am Keyboard und Langzeitgefährte Jeremy Dhôme am Schlagzeug) nicht. Nach einem beklemmenden „Angst Angst Overkill“ findet sich Nicolas Sturm bei „Nach der Revolte“ schnell im Indie-Rock der Strokes wieder. Auch „Fan von Dir“ ist mehr Punk als Gitarren-Pop.

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Den spielen Sturm und Band im Deutschland-kritischen Song „Im Land der Frühaufsteher“ im Überfluss. Ein perfekter Indie-Pop-Sog, so catchy, dass er eigentlich längst alle Charts hätte stürmen müssen. Vielleicht demnächst. Das ältere „Löcher“ und das neuere „Lichtjahre“ sind live von rauerem Charakter als auf Platte gebannt und auch „Tanzen auf Ruinen“ und „Ich will alles (was ich sage auch so meinen)“ erleben im Molotow mehr Drive und Subversion. Zwei absolute Konzert-Highlights hebt sich Nicolas Sturm für das Ende seines Auftritts auf, das phantastische und alle Grenzen sprengende „Manhattan“ sowie als Zugabe das von Sturm solo begonnene und mit Band zu einem brachialen und ausufernden Finale furioso aufgetürmte „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“. Da war dann leider kein Platz mehr für „Caroline“, vielleicht beim nächsten Mal. Für den Augenblick war es das benötigte Konzert an einem mal wieder denkwürdigen 09. November, mit Nicolas Sturm in bestechender Form.

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