Nicolas Godins neues Album als Hommage an die Architektur
Dass Nicolas Godin die Hälfte von AIR ausmacht, einem der erfolgreichsten französischen Elektropop-Duos der Welt [sic], darauf kann man durchaus noch kommen. Dass Godin jedoch, der 2015 sein Solodebüt vorlegte, sich mit seinem neuen Studioalbum „Concrete And Glass“ auf architektonische Meilensteine bezieht, das kann man schon dazusagen. Könnte sein, dass man da sonst nicht draufkommt. Ist jedoch, glaubt man dem Künstler, Tatsache. So hatte beispielsweise Le Corbusier, Architekturpionier und gefeierter Modernist, seit jeher zentralen Einfluss auf Nicolas Godin, der kurz vor Beginn seiner musikalischen Karriere ein Architekturstudium absolviert hatte. Weiß er dann natürlich, wovon er spricht und wovon magnifique électronique musiquet.
„Concrete And Glass“ auch ohne Architekturstudium ein Genuss
Aber auch, wenn man frei ist von architektonischer Expertise oder der Information, dass das Album eine Hommage Nicolas Godins an die Schaffenden ikonischer Bauwerke darstellt, lässt sich „Concrete And Glass“ genießen. Zu hören bekommt man so oder so zehn großartig arrangierte Tracks, die einlullen, ohne schläfrig zu machen. Klare Synthesizer-Linien und sanfte Paukenschläge beim titelgebenden Auftaktstück, lassen den musikalischen Zahn direkt tropfen und auch während der anderen Stücke nicht austrocknen. Gelungen vereint „Concrete And Glass“ nicht nur Dreampop, Synthiepop und sinnlich verrauchte Jazzklänge, sondern auch unterschiedliche Vokalgäste, wie Kate NV, ihres Zeichens Vordenkerin des Experimental-Pop, die Psychedelic-Soul-Sängerin Kadhja Bonet oder Markantstimmler Alexis Taylor von Hot Chip.
Kurz vor Kitsch liegt Sexyhausen – und Nicolas Godin liefert die Fahrtmusik
Minimalistisch arrangierte, eher fragil wirkende Stücke wie „Concrete And Glass“ und „The Border“ sowie Godins Vocoder-Gesänge harmonieren perfekt mit eher leichtfüßig daherkommenden Tracks wie „Back to your heart“ und „Time On My Hands“, die an das großartige Stabil Elite Album „Alles wird gut“ erinnern machen und daran, dass auch hier kurz vor Kitsch erfolgreich die Ausfahrt nach Sexyhausen genommen wurde. Während man sich zu letztgenannten Stücken sehr gut ein Schaumweingetränk vorstellen kann, gönnte man sich zu den von sanften Piano- und unangestrengten Saxofonklängen begleiteten „Turn Right Turn Left“ und „Cité Radieuse“ wohl eher einen Brandy, einen Cognac oder ein anderes elegantes Jazzgetränk. Wenn man sich nicht gerade sexy (oder was man eben dafür hält) an die Bar schöbe, säße man wohl in einem Clubsessel, wo man mit überschlagenen Beinen dezent mitwippte, das entspannte Sein genösse und natürlich „Concrete And Glass“. Inwiefern das jetzt mit Architektur zu tun hat, mögen andere beurteilen. Am Hörgenuss ändert es jedenfalls nichts.
„Concrete & Glass“ von Nicolas Godin erscheint am 24.01.2020 bei Because Music / Caroline. (Beitragsbild: Camille Vivier)