Nick Cave And Warren Ellis: Carnage – Albumreview

Mit seinem kongenialen Bad-Seeds-Partner Warren Ellis hat Nick Cave ein erneut formidables Album aufgenommen

Nick Cave bezeichnet sein neues Album „Carnage“ als „eine brutale, aber wunderschöne Aufnahme, eingebettet in eine gemeinschaftliche Katastrophe.“ Als er zusammen mit Warren Ellis ins Studio zum Jammen ging, dachte Cave noch gar nicht an eine Platte. „Das Album“, so der australische Songwriter, „ist dann einfach so vom Himmel gefallen. Es war ein Geschenk.“ Längst hat sich Warren Ellis, der seit 1993 mit Cave zusammenarbeitet, seit vielen Jahren ein festes Mitglied der Bad Seeds ist und mit dem Cave bereits einige Soundtracks komponiert hat, als kongenialer Partner des 63-jährigen Songwriters erwiesen. „Carnage“ nun ihr erstes, als Duo eingespieltes Album, das sich nahtlos in das weitgefächerte Werk Caves einreiht.

Drama, Theatralik und Überschwang

Nick Cave Carnage Cover Goliath Records

Acht Songs haben Cave und Ellis für „Carnage“ eingespielt, das man mit seinem Improvisationsansatz als Fortsetzung des letzten Albums „Ghosteen“ sehen kann. Viel Drama und Theatralik steckt im Opener „Hand Of God“, das von einem pulsierenden Beat befeuert wird, während Ellis mit seiner Geige eine bedrohliche Stimmung beschwört, der Chor die Titelzeile nicht minder unheildrohend intoniert und Nick Cave sich mal wieder intensiv durch einen metaphorischen Text barmt. Genauso eindringlich und reichlich düster geht es in „Old Time“ weiter. Warren Ellis‘ Geige hier mit kratzbürstigem, nervenaufreibendem Klang, ein immer wiederkehrender Piano-Akkord und ein rumpelndes Schlagwerk evozieren Caves Anfangsphase mit den Bad Seeds in den 80er-Jahren. Nicht minder gespenstisch die erste Hälfte des in Form eines dramatischen Filmsoundtracks dargereichte und von Cave mit fieser Stimmlage vorgetragene „White Elephant“, das sich in der zweiten Hälfte der sechs Minuten zu einem überschwänglich-feierlichen Gospel aufschwingt.

Nick Cave als Fred Astaire

In den beiden für ihn typischen, erhabenen Balladen „Albuquerque“ und „Lavender Fields“ paart er Sehnsucht mit Schönheit und auch der Titeltrack erklingt anmutig und ruhig, jedoch mit dem Hauch des Verwunschenen. Am Ende aber steht wieder die allumfassende Liebe als Heilung allen Ungemachs („It’s only love driving through the rain“). Auf sphärische Synthie-Fundamente setzt die Abschieds-Ballade „Shatterd Ground“ und im abschließenden, voller Cave-Würde intonierten „Balcony Man“ räsoniert Cave über sich selbst und imaginiert sich in gravitätischer Art als Tanz-Legende Fred Astaire („I am the balcony man, I’m Fred Astaire“). Von „Push The Sky Away“ über „Skeleton Tree“ und „Ghosteen“ hin zu „Carnage“: Nick Cave hinterlässt uns nur noch formidable Alben.

„Carnage“ von Nick Cave erscheint am 18.06.2021 Goliath Records / AWAL. (Beitragsbild von Joel Ryan)

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