New Model Army: Sinfonia

New Model Army copyright earMUSIC credit Alexander Mertsch

Auch New Model Army wagen den orchestralen Rahmen. Wie gut funktioniert das Zusammenspiel der Band um Justin Sullivan mit dem Sinfonia Leipzig Orchester?

von Sebastian Meißner

Die Zahl der misslungenen Beispiele ist so hoch, dass man fast von einer schlechten Idee sprechen mag. Dabei kann die Fusion aus Rockband und Orchester durchaus auch gelingen. Als Justin Sullivan, Kopf der New Model Army, sich entschied, das Wagnis einer Zusammenarbeit mit dem Sinfonia Leipzig Orchester einzugehen, war ihm von Anfang an klar, dass das Orchester nicht nur übergestülptes Schmückwerk sein darf. „Das Wichtigste für uns war, dass es nicht wie eine Band mit einem zusätzlichen Orchester klingen oder wirken durfte, sondern wie eine vereinigte 40-köpfige Band.“ Um das zu erreichen, wurden alle Songs von der langjährigen Weggefährtin und Gast-Violinistin Shir-Ran Yinon für Orchester (um)arrangiert. Ihr Ansatz: „Wir waren alle der Meinung, dass wir die einmalige Gelegenheit hatten, etwas völlig Neues zu schaffen und sahen das Orchester als integralen und entscheidenden Teil davon an. Die Verbindung zwischen der Band, dem Dirigenten und

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dem Orchester hat hervorragend funktioniert.

Geeignete Stücke für ein Orchester

New Model Army Sinfonia Cover earMUSIC

Und in der Tat verfügt „Sinfonia“ über eine spürbar höhere Intensitätsdichte als andere vergleichbare Projekte. Das fängt schon bei der Songauswahl an. New Model Army spielen hier nicht einfach ein Best of-Set, sondern explizit selektierte Stücke, die für die Zusammenarbeit mit einem Orchester geeignet sind, die durch den Zusatz auch tatsächlich bereichert werden. „Devis’s Barghain“, „March in September“, „Ballad“, „Guessing“, „Tom Close T The Sun“ oder „Did You Make It Safe?“ sind nicht zwingend Bestandteil der Army-Konzerte, haben hier aber ihren festen Platz. 21 Songs spielt die Band (wenn man die rein orchestrale Ouvertüre mitrechnet). Ein langes Set, das aber so in sich stimmig und dramaturgisch dicht ist, dass es an einem vorbeirauscht.

Die Gang New Model Army

Diese Versionen sind nicht einfach irgendwie interessant und eine Alternative zu den Originalen. In vielen Fällen entfalten die Songs jetzt erst ihre volle Wucht, wirken erst jetzt komplett. Perfektes Beispiel ist das unverwüstliche „Green And Grey“. Das wurzelige Original ist in der hier orchestrierten Spielweise schlicht atemberaubend in seiner fragilen Opulenz. Am Ende gibt es mit besagtem „Green And Grey“, „Purity“, „Vagabonds“ und „Wonderful Way To Go“ dann noch die großen Titel, die ebenfalls behutsam umrangiert wurden und zeigen, dass New Model Army im Laufe ihrer Karriere wirklich ein eigenes Genre geschaffen haben. Abseits aller Business-Regeln, Trends und Erwartungshaltungen haben Sullivan & Co. einen Weg bestritten, der sie in die Unabhängigkeit und Uneinholbarkeit geführt hat.

Wie wirkmächtig diese Band ist, wird mit dieser Aufnahme noch einmal bewusster. New Model Army waren immer mehr als eine Band. Sie sind eine Gang, eine Bewegung, eine Mini-Revolution. Dieses Projekt ist ein absolutes Highlight in ihrem Katalog. „Meine bleibende Erinnerung daran ist, dass die Musik in einem Zustand der Kameradschaft, der Bereitschaft und der Freude gespielt wurde, und ich denke, das kommt in der Performance zum Ausdruck“, sagt Dean White. Keine Widerrede!

„Sinfonia“ von New Model Army erscheint am 15.09.2023 bei earMUSIC / Edel. (Beitragsbild von Alexander Mertsch)

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