Neil Young: Homegrown – Albumreview

Neil Young credit Henry Diltz

Das „verschollene“ Album von Neil Young

„Das eine, das entkam“, nennt Neil Young sein Album „Homegrown“. Mit einer Verspätung von 45 Jahren erscheint das „verschollene“ Werk, das zwischen Juni 1974 und Januar 1975 aufgenommen worden ist. Besser spät, als nie, denn wie wir alle wissen, befand sich Neil Young damals in einer kreativen Hochphase. Das ganze 70er-Jahrzent gehörte eindeutig dem 1945 geborenen Songwriter. Von „After The Goldrush“ (1970), über „Harvest“ (1972), „Tonight‘s The Night“ (1975), bis zu „Comes A Time“ (1978) und „Rust Never Sleeps“ (1979) brachte der Kanadier ein Meisterwerk nach dem anderen heraus. Das unter dem Einfluss der Beendigung  seiner Beziehung zu Carrie Snodgrass stehende „Homegrown“ sei ihm damals zu persönlich und zu schmerzhaft gewesen, er wollte den Liebeskummer hinter sich lassen.

Der Brückenschlag von „Harvest“ zu „Comes A Time“

Neil Young Homegrown Cover Reprise Records

Um die Originalität der Aufnahmen zu gewährleisten, wurden für die nun erscheinende Veröffentlichung die damaligen stereo-analogen Mixe von John Hanlon restauriert und von Chris Bellman gemastert. Auf „Homegrown“ sind die The-Band-Mitglieder Levon Holm (Schlagzeug) und Robbie Robertson (Gitarre) sowie Sängerin Emmylou Harris als Gäste vertreten. Außerdem waren Drummer Karl T. Himmel, Ben Keith (Slide und Steel-Gitarre), Bassist Tim Drummond und Stan Szelest am Piano an der Entstehung der Platte beteiligt. Ein Album, das wie ein Brückenschlag von „Harvest“ zu „Comes A Time“ wirkt. Vollkommen trostlos beginnt das Album mit „Seperate Ways“, wo Ben Keiths Pedal-Steel die intime Melancholie untermalt und Young sein Seelenpein mit brüchiger Stimme vorträgt. Mehr Optimismus in Sound und Text legt Neil Young in den Country-Folk von „Try“.

Neil Young zwischen Folk und Country-Blues-Rock

Neben den mit Bandbegleitung aufgenommenen Songs sind auf „Homegrown“ auch Solo-Performances Youngs enthalten. Die erschütternde Piano-Klage „Mexico“ einerseits, andererseits das stille und behutsame „Kansas“. „We Don’t Smoke It No More“ hingegen ein schwankender Slowmotion-Blues, während „Vacancy“ die Country-Blues-Rock-Gefilde sehr rustikal durchpflügt. Zu den sieben bisher unveröffentlichten Songs des Albums gehört der Spoken-Word-Vortrag „Florida“. Die weiteren „Homegrown“-Beiträge wie „Love Is A Rose“, „White Line“, „Little Wing“ und „Star Of Bethlehem“ landeten auf diversen Platten Youngs und sind hier in ihren mehr als berührenden Frühfassungen zu hören. Auch der bereits bekannte, rockige Titeltrack hat selbstverständlich Einlass auf die Tracklist gefunden. Die 70er waren eindeutig Neil Youngs Dekade. Davon zeugt auch „Homegrown“ und wahrscheinlich alle anderen noch in den Archiven schlummernden Schätze, von denen wohl noch einige gehoben werden sollen.

„Homegrown“ von Neil Young erscheint am 19.06.2020 bei Reprise Records / Warner Music. (Beitragsbild von Henry Diltz)         

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