Neil Young: Earth – Album Review

Neil Young kämpft auf seinem neuen Live-Album „Earth“ einmal mehr um das Wohl des Planeten. Und ist selbst längst eine Naturgewalt



von Sebastian Meißner



Neil Youngs neues Album beginnt mit einem Donnergrollen. Nicht im übertragenen Sinne, sondern ganz wahrhaftig. Vor jedem der insgesamt 13 Songs dieses Live-Albums – und oft auch zwischendrin – sind Interludes mit Geräuschen aus der Natur zu hören. Bienensummen, Vogelzwitschern, Hahnkrähen, Pferdewiehern: „Earth“ ist ein collagenartiges Konzeptalbum, das Young und seine Begleitband Promise Of The Real dem Kampf um Mutter Erde widmen. 

Was nicht wundert: Young hat sich im Laufe seiner Karriere immer wieder als Anwalt und Sprachrohr der Schwächeren positioniert – für Bauern, Obdachlose, Insassen oder vergessene Helden. Seit geraumer Zeit plagt ihn die Sorge um das Wohlergehen unseres Planeten. Wer dies mit Häme quittiert, hält auch Gutmensch für ein Schimpfwort. Und mal so gefragt: Wer, wenn nicht Neil Young, hat die Kraft und die Glaubwürdigkeit, den Einfluss und den Mut für diese Aufgabe? Eben.

Ungezähmt und atemberaubend

Dem gigantischen Anspruch lässt Young auch musikalisch Großtaten folgen. Wirkte das Zusammenspiel mit den jungen Bandkollegen auf „The Monsanto Years“ noch stellenweise holprig, taucht das Kollektiv hier in Crazy Horse-Tiefen ab. Das wird schon beim zweiten Track deutlich: „Seed Justice“ – einer der neuen Tracks – kracht ungezähmt wie seit Jahren kein Song mehr aus seiner Feder. Auch „Vampire Blues“ vom famosen „On The Beach“-Album bekommt eine Frischzellenkur. Young klingt wie ein Schamane mit heilerischen und magischen Fähigkeiten. Auf „After The Gold Rush“ wird deutlich, dass Youngs Stimme gealtert ist; sein Gefühl für seine Songs aber ist anlässlich der übermenschlichen Mission noch einmal gestiegen. So entstehen reihenweise große Momente.

„Wolf Moon“ mit der zahmen Harp und den Backing Vocals ist der rührendste Moment dieser Platte. Danach folgt mit „Love And Only Love“ ein echter Marathon. Schon bei den Konzerten entpuppte sich dieser Track mit Spielzeiten von 25 Minuten und mehr zum Höhepunkt. Auch in der hier vorliegenden Version avanciert der Song zur Hymne. Youngs Gitarrengewitter sind kantig und irrsinnig wie immer. Seine neue Band bereitet ihm den Boden für seine schwindelerregenden Eskapaden. Neil Young musiziert für Mutter Erde. Mit einer Band von furchtlosen Weggefährten. „Earth“ ist eine Naturgewalt.

„Earth“ von Neil Young ist am 24.06. bei Reprise Records / Waner Music erschienen.

 

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