Morrissey: Vauxhall And I – 20th Anniversary – Album Review

Der sanfte, romantische und lyrische Morrissey

von Gérard Otremba

Im Vergleich zu seinem 1992 veröffentlichten und vor einigen Wochen als Remastered-Version erschienenen und auf dieser Seite besprochenen Album „Your Arsenal“, fährt Morrissey auf seinem Nachfolger Vauxhall And I fast sämtliche Rockismen, die Your Arsenal zu einer geradezu lärmigen Platte machten, auf ein kaum hörbares Minimum runter und spielt seinen wohl intimsten Longplayer ein. Auf seinem vierten Soloalbum brilliert der Smiths-Sänger mit seinem elegischen und erhabenen Gesang, der Vauxhall And I dominiert und ihm den Stempel aufdrückt. Beim Opener „Now My Heart Is Full“ setzt Morrisseys Begleitband um die Gitarristen Boz Boorer und Alain Whyte, die für die musikalische Umsetzung des Albums verantwortlich zeichnen, dessen Stimme noch reichlich opulent in Szene, doch schon für „Spring-Heeled-Jim“ ziehen sich die Gitarren drohend und beschwörend in den Hintergrund zurück. In der Uptemponummer „Billy Budd“ explodiert die Band nochmal, findet im anschließenden „Hold On To Your Friends“ zum balladesken Pop mit lieblichen Gitarrenklängen, das kurze Solo auf angenehme Weise verhalten.

Danach übernehmen akustische Gitarren das Kommando, die Arrangements zart und fragil. Morrisseys Vocals im damaligen UK-Single-Hit „The More You Ignore, The Closer I Get“ rein und fein, sanfter Folk-Pop prägt „Why Don’t You Find Out For Yourself“, verträumt und lieblich gerät „I Am Hated For Loving“. In „Lifeguard Sleeping, Girl Drowning“ wispert Morrissey seinen Text, ein gespenstischer und fiebriger Lullaby. Ganz getragen dann „Used To Be A Sweet Boy“, voller Schwermut und Melancholie „The Lazy Sunbathers“. Der Abschlusssong „Speedway“ erhöht die Lautstärke zwar nochmal, doch in Erinnerung bleiben die zutiefst emotionalen, leisen Stücke dieses exzellenten Albums, auf dem Morrissey den Tod wichtiger Menschen aus einem persönlichen Umfeld wie Mick Ronson verarbeitet und zu sich findet. Auf Vauxhall And I erleben wir den sanften, romantischen und lyrischen Morrissey in voller Pracht. Mit der Beschaulichkeit ist es dann auf der zweiten CD jedoch vorbei. Der Konzertmitschnitt vom Februar 1995 aus dem Theatre Royal Dury Lane zu London bietet Gitarren-Rock-Pop en masse, hymnisch bis punkig. Lediglich beim Henry Mancini-Klassiker „Moon River“ zeigt sich Morrissey von sanften Seite.

 „Vauxhall And I“ von Morrissey ist am 30.05.2014 bei Parlophone / Warner Music erschienen.

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