„Die traurigen Hummer“ von Moritz Krämer ist ein tolles Album, vollgepackt mit Sprachbildern, Understatement und Humor
Leiernde Synthies, oft Klavier, Klarinette, Violinen … dazu eine klassische Bandbesetzung. Zu dieser vielfältigen Instrumentierung gesellt sich eine verletzlich-nuschelnde Stimme, der niemals die nervtötende Larmoyanz eines Philipp Poisel innewohnt, die sich stattdessen perfekt in den Gesamtsound einbettet. Moritz Krämer, der hauptamtlich mit der Band Die Höchste Eisenbahn unterwegs ist, legt sein drittes Studioalbum „Die traurigen Hummer“ vor.
Moritz Krämer erzählt Geschichten aus dem Leben
Zehn reduzierte Songs, die oft mollig-melancholisch daherkommen, gleichzeitig aber auch harmonische Überraschungen und Akkordwechsel zu bieten haben und mich manchmal ein wenig an Erdmöbel erinnern. Stoff für den traurigen Sonntagnachmittag oder fürs Aus-dem-Fenster-gucken auf einer längeren Bahnfahrt. In seinen Songs erzählt Krämer Geschichten aus dem Leben und richtet den Blick immer aufs Detail. Die Texte beschäftigten sich mit Liebe, dem Elterndasein, Depression, Wut und der Gesellschaft und – so heißt es im Pressetext – Krämers Lieblingsthema: der Stadtflucht.
Zweifellos ist Krämer in den Top-5-Prozent der deutschen Texter zu verorten. Die Lyrics sind vollgepackt mit Sprachbildern, Understatement und Humor („Sie sieht frisch aus, so wie jemand, der viel Sauerstoff verbraucht“). Lieder, die jedes Mal etwas Neues auf der Entdeckungsreise unterm Kopfhörer offenbaren. Meine persönlichen Favoriten sind der (nomen es omen) tieftraurige Titeltrack „Die traurigen Hummer“ und „Auffliegen“, das sich um Versagensängste dreht.
Top-Musiker in der Band
Für die Umsetzung kann sich Krämer zweifellos auf Top-Musiker verlassen. In seiner Band spielen Hanno Stick (Schlagzeug), Alex Binder (Bass), Andi Fins (Tasten), Wencke Wollny (Synthis, Klarinetten) und Liv Solveig (Geigen); zudem ist ein Duett mit Larissa Pesch auf der Platte. Moritz Krämer spielt seit Jahren in der ersten Liga Deutschlands Singer-Songwriter. Judith Holofernes und Gisbert zu Knyphausen haben den Wahlberliner in der Vergangenheit als Gastmusiker unterstützt, mit Dota Kehr bittet er am 25. Oktober in Berlin zum Liederabend. Dafür gibt es Gründe. Krämer hat ein wirklich schönes und gleichzeitig unaufgeregtes Stück Musik geschaffen, das er zudem selbst produziert hat. „Die traurigen Hummer“ ist ein tolles Album.
„Die traurigen Hummer“ von Moritz Krämer erscheint am 01.10.2021 bei Tapete Records / Indigo. (Beitragsbild von Max Zerrahn)
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