Moby: Resound NYC

Moby credit Lindsay Hicks

Neubearbeitungen älterer Stücke sind oft eine fade Angelegenheit. Beweist Electro-Pionier Moby auf „Resound NYC“ mit Orchester und Promi-Gastsängern das Gegenteil?

von Werner Herpell

Die Vorspeise und das Dessert des neuen Moby-Albums sind dank zweier grandioser Soul-Jazz-Stimmen echte Leckerbissen. Und auch dazwischen dürfte „Resound NYC“ vielen Pop-Gourmets munden – zwar nicht immer ganz so spektakulär, aber keineswegs nach abgestandenen Resten, wie man das bei Neuaufnahmen älterer Tracks ja durchaus befürchten darf. Ein buntes Büffet hat Richard Melville Hall alias Moby da aufgefahren, das mit 15 oft bombastischen Pop-, Soul- und Gospel-Stücken zwar ein gewisses Völlegefühl erzeugt, im Gegenzug aber auch viel

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Abwechslung bereithält.

New-York-Tracks 1994-2010 neu interpretiert

Moby Resound NYC Cover Deutsche Grammophon

Der Opener „In My Heart“ (mit dem warmen Bariton von Gregory Porter) und der Album-Closer „Walk With Me“ (mit Jazz-Shootingstar Lady Blackbird) sind also Höhepunkte dieser ungewöhnlichen Rückschau auf die New Yorker Jahre des US-amerikanischen DJs, Multiinstrumentalisten, Sängers und Electro-/Techno-Produzenten. Nach seinem 2021er Debüt „Reprise“ beim berühmten Klassik-Label Deutsche Grammophon, auf dem unter anderem Kris Kristofferson, Mark Lanegan und Jim James (My Morning Jacket) als Gastsänger zu hören waren, hat der 57-Jährige aus Harlem/New York nun „Big Apple“-Tracks der Jahre 1994 bis 2010 neu interpretiert und instrumentiert.

Diesmal hat Moby, neben den schon erwähnten Jazz-Größen Gregory Porter und Lady Blackbird, unter anderem Ricky Wilson (Kaiser Chiefs), The Temper Trap, Marisha Wallace und die hochtalentierte Folk-Sängerin Amythyst Kiah für Vokalbeiträge gewinnen können. Aber auch weniger bekannte Namen sind auf der Tracklist zu finden. So entdeckte Moby den Musiker P.T. Banks in einer Hochzeits-Band in Texas und lud ihn ein, die von einem großen Orchester begleitete Ballade „When It’s Cold I’d Like To Die“ zu singen. Ein weiterer Höhepunkt ist das berührende Duett von Margo Timmins (Cowboy Junkies) und Damien Jurado, die eine Moby-Version von Neil Youngs Klassiker „Helpless“ interpretieren.

Moby reflektiert über die Zeit seines Durchbruchs

Mobys 20. Studioalbum sei „nicht nur eine Reflexion über die vielleicht entscheidendste Zeit in seinem Leben, sondern auch über sein einstiges Zuhause, New York City“, schreibt sein Label zur Veröffentlichung von „Resound NYC“. „Dort wurde er geboren, dort nahm seine Karriere ihren Anfang – im Punkrock und als DJ in Underground-Clubs“ während der Neunziger Jahre. 1999 gelang ihm mit seinem Album „Play“ der weltweite Durchbruch – nach einigen kleineren Hits wie  „Go“ und „Feeling So Real“. Für die weniger elektronisch, stärker orchestral geprägten Neubearbeitungen reiste Moby in die eigene Vergangenheit.

Mit „Resound NYC“ denkt der Amerikaner aber nicht nur an einen für ihn wichtigen Karriere-Abschnitt zurück. „Wenn man sich die Neunziger in Erinnerung ruft … Bill Clinton war Präsident, die Rave-Szene war dieses utopische Idyll, die Sowjetunion war Geschichte und der Klimawandel nur der Gedanke für ein Buch, das Al Gore schreiben wollte“, sagt Moby über den zeitgeschichtlichen Hintergrund seines Retrospektive-Albums. „Das Potenzial unserer Welt und unserer Kultur zu feiern, das war Musikmachen damals. Heute ist es fast eine Zuflucht in einer erschreckenden, manchmal apokalyptisch anmutenden Welt.“ Da hat er leider Recht. Umso mehr lohnt es sich, Mobys ältere Lieder jetzt neu zu hören.

„Resound NYC“ von Moby erscheint am 12.05.2023 bei Deutsche Grammophon. (Beitragsbild von Lindsay Hicks)

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