Kann Mitski nach einem Synth-Disco-Pop-Album mit dem orchestral geprägten Songrwiter-Pop auf „The Land Is Inhospitable And So Are We“ genauso überzeugen?
von Gérard Otremba
Und wieder alles anders bei Mitski. Nachdem sie 2018 mit ihrem Indie-Rock-Synth-Pop-Album „Be The Cowboy“ den internationalen Durchbruch feierte und in den heimatlichen USA sowie im UK eine Top-100-Platzierung erreichte, folgte vor einem Jahr der nächste Quantensprung. Der sehr tanzbare, vom 80er-Synth-Disco-Pop inspirierte Sound auf „Laurel Hell“ katapultierte die amerikanisch-japanische Songwriterin verdientermaßen in die Top-Ten in den beiden wichtigsten Ländern und in Deutschland konnte sich Mitski über eine Top-30-Platzierung freuen. Ein aufgrund der Catchyness dieser Song ein nicht ganz unerwarteter Erfolg. Eine Art Fortsetzung dieses Rezeptes kam der 32-jährigen Songwriterin offensichtlich nicht in den Sinn.
Das amerikanischste Album
Keine weitere
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sichere Nummer, stattdessen die Entfaltung ihres kreativen Potentials steht bei „The Land Is Inhospitable And So Are We“ im Mittelpunkt. Der von Sounds & Books als Song des Tages vorgestellte Vorabtrack „Bug Like An Angel“ deutete die vorgenommene Kehrtwende bereits an. Diese Ode an den Trost in schlechten Phasen des Lebens entpuppt sich als ein dezent instrumentierter Indie-Folk samt auffälligem Choreinsatz. Im anschließenden „Buffalo Replaced“ zeigt sich Mitski – umrankt von einem verschleppten Bandsound – von ihrer zugänglichen und melancholischen Indie-Dream-Popseite, bevor das schmerzensschöne und orchestral begleitete „Heaven“ vor Sehnsucht vergeht. Songwriter-Pop der extravaganten Klasse. Mitski bezeichnet „The Land…“ als ihr „amerikanischsten Album“ und es ist, als schenkte sie diesem zerrissenen Land die große einende Liebe.
Mitski und die Liebe
„Das Beste, was ich je in meinem Leben getan habe, war, Menschen zu lieben. Ich wünschte, ich könnte all die Liebe, die ich habe, nach meinem Tod zurücklassen, damit ich all das Gute, all die gute Liebe, die ich geschaffen habe, auf andere Menschen ausstrahlen kann“, sagt die 1990 in Japan geborene Musikerin über ihre siebte Platte. Und diese Liebe strahlt sie mit dem besten Songwriting irgendwo zwischen Carole King, Carly Simon und Natalie Merchant aus. Das klingt passagenweise überbordend und dramatisch („The Deal“, „When Memories Snow“), manchmal voller Zärtlichkeit („My Love Mine All Mine“, „The Frost“) und manchmal voll feierlichem Pathos („I Don’t Like My Mind“). Die Wandlungsfähigkeit Mitskis hat mit „The Land Is Inhospitable And So Are We“ einen neuen Höhepunkt erreicht. Starkes Album.
„The Land Is Inhospitable And So Are We“ von Mitski erscheint am 15.09.2023 bei Dead Oceans / Cargo Records.(Beitragsbild von Ebru Yildiz)