Der Soundtrack zum Biopic „Miles Ahead“ ist ein guter Reiseführer in das Werk des genialen Innovators
von Sebastian Meißner
Über die Notwendigkeit und die Qualität des Miles-Davis-Biopics „Miles Ahead“ wurde viel diskutiert. Kritiker bemängelten zu viel Fiktion und zu wenig Tiefe. Das Hauptproblem: Don Cheadle, der als Hauptdarsteller, Drehbuchautor und Regisseur des Films verantwortlich verzeichnet, beschränkt sich auf die privat zwar turbulenten, schöpferisch aber äußerst mageren Jahre Anfang der 1980er Jahre. Immerhin öffnen sich durch szenische Rückblenden immer wieder Türen in das große Gesamtwerk des Genies, das immerhin die Jahre zwischen 1944 und 1991 umspannt. Ähnlich umstritten wie der Film wird wohl auch der dazugehörige Soundtrack aufgenommen werden. Wie soll man auch das Schaffen dieses Mannes in 24 Tracks repräsentieren? Eine Best of ist bei dieser, der permanenten Dekonstruktion gewidmeten Karriere eh unmöglich.
Zum Glück versucht dieses Album erst gar nicht, diesem Anspruch gerecht zu werden. Gerade einmal 11 Aufnahmen stammen von Davis himself, acht Tracks sind Dialogausschnitte aus dem Film und der Rest sind Beiträge von Gastmusikern wie Robert Glasper oder Taylor Eigsti. Den Anfang macht das titelgebende „Miles Ahead“, die erste Aufnahme von Miles Davis mit Gil Evans für Columbia Records aus dem Jahr 1957. Es folgt mit „So What“, „Solea“. „Seven Steps To Heaven“, „Nefertiti“, „Frelon Brun“, „Duran“, „Go Ahead John“, „Black Satin“, „Black Seat Betty“ und „Prelude“ ein sprunghafter Querschnitt, der gerade ob seiner Lücken erstaunlich gut funktioniert. Als einziges verbindendes Element bleibt der tiefschwarze, mit aller Last beladene Ton seines Spiels. Miles Davis drückte in einem Ton mehr aus als ganze Geschichtsbücher. Wenn er auch den Sound seiner Kompositionen stets umkrempelte, stets ein Suchender blieb: Er war immer unverkennbar.
Von den Gastmusikern tut sich Robert Glasper besonders hervor. Besonders toll ist „What’s Wrong With That?“, in dem sich eine All Star-Band aus Don Cheadle, Robert Glasper, Gary Clark, Jr., Herbie Hancock, Keyon Harrold, Antonio Sanchez, Esperanza Spalding und Wayne Shorter würdevoll vor Miles verneigt. Film und Soundtrack werfen Fragen auf. Sie liefern aber auch Anreize, sich nochmal und erstmals mit dem Werk von Miles Davis auseinanderzusetzen. „Miles Ahead“ ist ein guter Ausgangspunkt für die Reise in das Werk eines der schillerndsten und talentiertesten musikalischen Großgewichte des 20. Jahrhunderts.
Der Soundtrack „Miles Ahead“ist am 01.04.2016 bei Columbia/Legacy /Sony Music erschienen.