Mick Harvey: Five Ways To Say Goodbye

Mick Harvey credit Matthew Ellery

Im Gegensatz zu seinem Ex-Boss Nick Cave macht Mick Harvey scheinbar unscheinbare Musik. Auch das neue Album des Australiers ist aber wieder äußerst hörenswert.

von Werner Herpell

Der lange Schatten eines gewissen Nick Cave (oder, je nach Sichtweise, dessen Licht) liegt bis heute über der Karriere von Mick Harvey. Seit 2009 die 36-jährige Zusammenarbeit der beiden Australier bei The Birthday Party und The Bad Seeds endete, kommt kein Review zu Harveys Alben ohne den Hinweis auf den genialischen Frontmann dieser beiden Bands aus. Klar, Caves Stimme und sein Charisma sind (nicht nur für Harvey) unerreichbar. Aber ein bisschen ungerecht ist es doch, dass das Solowerk des langjährigen Sidekicks, Multiinstrumentalisten und eigenständigen Singer-Songwriters, der im vorigen August 65 Jahre alt wurde, arg stiefmütterlich behandelt wird.

Mix aus Eigenkompositionen und Covers

Mick Harvey Five Ways To Say Goodbye Cover Mute Records

Während die Pop-Welt also gespannt auf das nächste Album „Wild God“ (VÖ 30.08.2024) von

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Nick Cave & The Bad Seeds wartet (die gleichnamige Single war auch hier bereits wieder ein „Song des Tages“), macht Mick Harvey unter weit weniger öffentlicher Anteilnahme unverdrossen auf sein großes Können aufmerksam. „Five Ways To Say Goodbye“ ist die jüngste und wohl letzte Veröffentlichung in einer Reihe von Platten, die sich aus Eigenkompositionen und Covers zusammensetzen.

Wieder beweist Harvey, dass er auch nach den Cave-Jahren ein herausragender Songschreiber und famoser Interpret fremder Songs ist. Neben sehr guten Harvey-Liedern wie dem Opener „Heaven’s Gate“, „The Age Of Darkness“ oder dem Vorab-Track „When We Were Beautiful & Young“ begeistern die überraschende Auswahl der Cover-Versionen und ihre hundertprozentig geschmackssichere Präsentation.

Von Marlene Dietrich bis Neil Young

Songs so unterschiedlicher Künstler wie Ed Kuepper (Mitbegründer der australischen Punk-Ikonen The Saints), David McComb (Frontmann der Down-Under-Kultbands The Triffids und Blackeyed Susans), Lo Carmen und Bruno Adams sind hier zu hören. Aber auch „A Suitcase In Berlin“, eine Übersetzung und streichersatte Bearbeitung von Marlene Dietrichs berühmter 50er-Jahre-Ode „Ich hab‘ noch einen Koffer in Berlin“ an die damalige deutsche Frontstadt. Neil Youngs Folkrock-Klassiker mit Crazy Horse, „Like A Hurricane“, erkennt man in der radikal entschleunigten Piano-Fassung von Mick Harvey ebenfalls kaum wieder.

Das neue Album sei „kind of about farewells or saying goodbye. A lot of the songs are by people who have moved on“, sagt Harvey – was die melancholische Grundstimmung dieser Balladen erklärt. „Five Ways To Say Goodbye“ ist laut Label Mute das letzte Kapitel einer fünfteiligen Serie, die 2005 mit „One Man’s Treasure“ begann und mit „Two Of Diamonds“, „Three Sisters – Live At Bush Hall“ und „Four (Acts Of Love)“ fortgesetzt wurde. Vor allem aber sei diese Platte „eine Reflexion über die vergangene Zeit und den Fortgang des Lebens“.

Karriere-Highlight von Mick Harvey

Definitiv darf dieses Album als eines der schönsten und berührendsten in Mick Harvey langer Karriere gelten. „Five Ways To Say Goodbye“ folgt auf seine letztjährige Kollabo-Platte „Phantasmagoria in Blue“ mit der mexikanischen Künstlerin Amanda Acevedo, die auch auf dem neuen Stück „Dirtnap Stories“ zu hören ist. Ab Mitte Mai stellt der zumeist nahe Melbourne lebende Australier sein neues Album und älteres Material auf einer Tournee durch Großbritannien und europäische Länder live vor – Konzertdaten für Deutschland sind bisher laut Harveys Website leider nicht dabei.

Das Album „Five Ways To Say Goodbye“ von Mick Harvey erscheint am 10.05.2024 bei Mute/PIAS. (Beitragsbild von Matthew Ellery)

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