Michael Maar: Leoparden im Tempel

Michael Maar Leoparden im Tempel Cover Rowohlt Verlag

Der Literaturkritiker Michael Maar hat zwölf Porträts großer Literaten verfasst. Es ist eine ebenso kluge wie sensible Liebeserklärung an das Leben

Proust, Kafka, Musil, Mann, Nobokov & Co.: Michael Maar porträtiert in diesem (wieder veröffentlichten, die erste Auflage erschien vor 16 Jahren) kleinen wie feinen Band die ganz Großen der Weltliteratur. Insgesamt zwölf solcher Detailbeschreibungen hat er angefertigt. In ihnen kommt man den Künstler:innen erstaunlich nahe. Weil Maar keine Daten und Fakten aneinanderreiht, sondern vielmehr Handeln, Werk und zeithistorische Kontexte so ineinander verwebt, dass man die Protagonist:innen und ihre Motive regelrecht versteht.

Wie gute Bekannte

Michael Maar Leoparden im Tempel Cover Rowohlt Verlag

Andersens Kampf mit den Unzulänglichkeiten des eigenen Körpers etwa. Oder Prousts Gabe zur Selbstironie. Oder Kafkas selbstquälender Umgang mit möglichen homoerotischen Sehnsüchten. Oder Musils Zwangshandlungen (er dokumentierte jede von ihm gerauchte Zigarette mit Datum und Uhrzeit) und seine allen Anstand überragende Eitelkeit. Michael Maar erzählt von diesen Menschen wie von guten Bekannten. Er kennt die Hintergründe und Details und seine gelegentlichen Mutmaßungen basieren auf tiefem Kenntnisreichtum. So lernt man nicht nur die Personen kennen, sondern liest auch ihr Werk indirekt (und mit neuen Augen).

Michael Maar unterhält und bereichert

Maar selbst gelingt dabei, was große Autoren anstreben: Eindrückliche Gedanken so zu formulieren, dass sie im Gedächtnis bleiben. Zu unterhalten und zu bereichern, ohne sich in den Vordergrund zu schieben. So textet jemand, der viel gelesen und verstanden hat. Jemand, der für sein Anliegen, Neues zu erzählen, ein Handwerk beherrschen gelernt hat. Michael Maar ist selbst begeisterter Bewunderer und transportiert diese Zuneigung in jeder Zeile.

Und so ist „Leoparden im Tempel“ eine vergnügliche Lektüre voller intellektueller Verbindungen quer durch die Literaturgeschichte. Und nicht zuletzt die Liebeserklärung eines Vielbelesenen an die Literatur und ihre mitunter seltsamen Urheber:innen. Wirklich toll!

Michael Maar: „Leoparden im Tempel – Portraits großer Schriftsteller“, Rowohlt Verlag, Hardcover, 144 Seiten, 978-3-498-00398-2, 22 Euro. (Beitragsbild: Buchcover)

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