Die US-Demokratie liegt womöglich in den letzten Zügen – doch die große alte Soul-Dame Mavis Staples hält dem Trump-Irrsinn Lieder des Trostes und der Hoffnung entgegen.
von Werner Herpell
Kann es in diesen Zeiten, da man den Untergang der altehrwürdigen US-Demokratie nach 250 Jahren quasi in Echtzeit besichtigen kann, etwas Tröstlicheres, aber auch Traurigeres geben als die Lieder der legendären Soul- und Gospel-Sängerin Mavis Staples? Während Donald Trump den Abrissbagger nicht nur gegen einen Flügel des Weißen Hauses, sondern gegen alle Werte und Normen dieser stolzen, wohl auch arg naiven Nation wüten lässt, gibt die 86-jährige Ikone der Bürgerrechtsbewegung die Hoffnung nicht auf, schwankt aber zwischen unverzagter Aufbruchstimmung, Melancholie und Tristesse.
Sieben Jahrzehnte amerikanischen Liedguts
Die mehrfache Grammy-Gewinnerin, seit den 1950er Jahren zunächst mit der Familienband
The Staple Singers und dann solo aktiv, besingt in zehn formidablen Liedern eine „Sad And Beautiful World“ – und so lautet auch der Albumtitel. Produziert von Brad Cook (Hiss Golden Messenger, The War On Drugs, Bon Iver, Waxahatchee), spiegelt die Platte laut Label Anti- „sieben Jahrzehnte des amerikanischen Liedguts, eine Spanne, die fast so weitläufig ist wie Mavis‘ Karriere, und beinhaltet sowohl Neuinterpretationen zeitloser Songs als auch Originalmusik“.
Los geht’s folk-bluesig ratternd mit „Chicago“ aus der Feder von Tom Waits, einer Hommage an Staples‘ Geburts- und Heimatstadt. In der zu Herzen gehenden, fast sechsminütigen Country-Soul-Version von Kevin Morbys „Beautiful Strangers“ singt die vielleicht beste noch lebende R&B-Interpretin: „If you ever hear the gunshot… think of…
