Mattiel: Georgia Gothic – Albumreview

Mattiel by Brandon McClain

Neue Klangfarben und unterschiedliche Stimmungen zwischen Americana, Psychedelic und Garagenrock auf dem neuen Mattiel-Album

Mattiel ist Atina Mattiel Brown aus Atlanta, Georgia. Mattiel ist auch ein Duo, bestehend aus ihr sowie Jonah Swilley, der den Soundtrack liefert zu Browns Vortrag und Texten. Auf ihrem dritten Album „Georgia Gothic“ darf Swilley endlich aufs Cover, die Promofotos zeigen beide. Ehre wem Ehre gebührt, schließlich spielt er fast alle Instrumente auf dem dritten Album von Mattiel. Im Unterschied zu den Vorgängern „Mattiel“ (2017), „Satis Factory“ (2019) sowie diversen Kleinformaten standen die beiden Protagonisten in diesem Fall jedoch erstmals im selben Studio, es handelt sich um eine wirkliche Kollaboration. Hat sich da ein Dream-Team manifestiert? Für die meisten britischen Kritiker, die „Georgia Gothic“ bereits besprochen haben, schon, gar von einem „Meisterwerk“ wird ab und an gesprochen –  wenn das wahr ist, dann ist dies jedoch noch nicht zu mir durchgedrungen bisher.

Beliebiger Albumbeginn

Mattiel Georgia Gothic Cover Heavenly Recordings

Eigentlich stellte (meiner Wahrnehmung nach) bereits der halberfolgreiche Zweitling „Satis Factory“ einen qualitativen Abfall dar zum beeindruckenden Debüt, das Garagenpabst Jack White so faszinierte, dass er die unbekannte Formation 2018 mit auf Stadion-Tour nahm. Das von Sounds & Books an dieser Stelle besprochene „Mattiel“ ist ein ungeschliffenes Kleinod; Mattiel Brown verzaubert dort mit flehendem Klagen vor Gruselfilm-Orgeln, hallender Gitarre sowie Girl-Group-Chören und liefert körperumspannende Gänsehaut. Breite stimmliche Ausdruckskraft gehört nach wie vor zu ihren Vorzügen, inzwischen jedoch lapidarer dargebracht sowie teilweise elektronisch verfremdet wie im (einzigen) Lovesong „Jeff Goldblum“ oder seelenlos dupliziert wie im Indie-Pop-Stinker „Lighthouse“. Das klingt nicht komplett mies: Es ist jedoch schlimmer, weil einfach unfassbar egal. Warum sollte man mit so etwas seine Zeit verschwenden, wenn es so viel Interessanteres gibt, womit man sich vom zermürbenden Zeitgeschehen ablenken kann.

Mattiel erinnert an Gemma Ray

In „Wheels Fall Off“ probiert Brown auch noch zu rappen (sort of) während der zum Duo-Partner aufgestiegende Swilley Bläser und Glockenspiel addiert. Drei Stücke, die zumindest mich zum Abschalten auffordern – doch es wird danach besser, viel besser sogar: „Subterranean Shut-In-Blues“ ist ein Hommage an Ihr-Wisst-Schon-Wen, fett produziert, jedoch spannend, leicht funky wie tanzbar – und die angedüsterte Orgel ist auch wieder da. „Blood In The Yolk“s Beginn erinnert extrem an Gemma Ray: Keine schlechte Referenz, ganz im Gegenteil. Was auch immer mit „Georgia Gothic“ im Detail gemeint sein könnte: Klischeevorstellungen von Fahrten durch weite, flimmernde Landschaften werden getriggert, die Gitarre und die Orgel setzen entspannte Akzente dazu. Darüber hinaus kommt Brown stimmlich dem näher, was sie auf ihrem Debüt (zumindest bei mir) angerichtet hat.

Wer durchhält, wird belohnt

Jeder folgende Song steigert nun den Kontrast zum beliebigen Albumbeginn, wer durchhält wird belohnt mit unterschiedlichen Stimmungen zwischen Americana, Psychedelic und Garagenrock. „You Can Have It All“ sticht besonders hervor und macht Lust auf eine Live-Erfahrung. In „Other Plans“ wird Albert Camus persönlich eingesampelt, wie man diesem Interview hier entnehmen kann (https://www.gigwise.com/features/3416338/interview—georgia-gothic-is-the-beginning-of-a-new-chapter-for-mattiel). „Boomerang“ sowie „How It Ends“ bringen noch einmal neue Klangfarben ins Spiel, Browns Intonation nähert sich Kate Piersson von den ebenfalls aus Georgia stammenden B-52’s und das Experiment, diversen Einflüssen aus ihrer Heimatregion Tribut zu zollen, gelingt in diesem Fall. Mattiels Debütalbum bleibt jedoch in Punkto Originalität wie Faszination unerreicht, ganz subjektiv gesehen.

„Georgia Gothic“ von Mattiel erscheint am 01.04.2022 bei Heavenly Recordings, LP bereits seit dem 25.03. im Handel. (Beitragsbild von Brandon McClain)

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