Marion Brasch: Lieber woanders – Roman

Marion Brasch Lieber woanders Cover S. Fischer

Marion Brasch lotet die Möglichkeiten von Zufall und Schicksal aus

Mit ihrem Debütroman „Ab jetzt ist Ruhe – Roman meiner fabelhaften Familie“ hat Marion Brasch 2011 eines der eindrucksvollsten Prosawerke über das Leben in der DDR veröffentlicht. Drei Jahre später folgte die auch an dieser Stelle rezensierte, magisch-illustre Geschichte „Wunderlich fährt nach Norden“ samt eines wunderlich-kauzigen Protagonisten und seines einwöchigen, teils surrealen Trips in unbekannte Gefilde. Auf seiner Reise lernte Wunderlich in einem Dorf die junge Toni kennen, die Marion Brasch nun in den Mittelpunkt ihres neuen Romans „Lieber woanders“ stellt.

Tragische Vergangenheit

Marion Brasch Lieber woanders Cover S. Fischer

Lieber woanders als in ihrem Wohnwagen im Dorf wäre Toni sehr gerne, am liebsten in  Neuseeland, wohin ihr Kindheitsfreund Ole gezogen ist. Ein Verlag, der ihre von „Hutmann“, wie Toni Wunderlich nannte, inspirierte Bildergeschichten herausbringen möchte, winkt mit einem Vorschuss, der die Reise finanzieren könnte. Für Toni ein langersehnter Eskapismus, schließlich liegt der Autounfall, bei dem sie ihren kleinen Bruder verlor, der ihre Familie auseinanderriss und für den sie sich noch immer die Schuld gibt, bereits sieben Jahre zurück. Ebenfalls an diesem Unfall beteiligt war Alex, der seitdem ein Doppelleben zwischen  Frau und  Kind auf der einen Seite, sowie einer Geliebten auf der anderen Seite führt. Die Lebensumstände von Toni und Alex skizziert Marion Brasch in kurzen Kapiteln des mit 154 Seiten ohnehin sehr schmalen Buches. Die parallel verlaufenden Lebenslinien, von der Autorin auf einen ganzen Tag verdichtet, kommen sich an einer Stelle äußerst nahe und kreuzen sich im spektakulären Ende.

Ein berührender Roman von Marion Brasch

Die 1961 in Berlin geborene Schriftstellerin und Journalistin Marion Brasch dekliniert in „Lieber woanders“ die Möglichkeiten von Zufall und Schicksal und schaltet sich gelegentlich als erklärende Stimme in den Ablauf der Story ein. Spielte sie in „Wunderlich fährt nach Norden“ noch mit zauberhaften Motiven wie der magischen Wirkung des Blauharzes, bleiben in „Lieber woanders“ gebrochene, traurige, tragikomische, mit Macken versehene und sympathische Figuren zurück. Eine eindrückliche und berührende Lektüre bleibt Marion Braschs Roman trotz aller Komprimierung dennoch.

Marion Brasch: „Lieber woanders“, S. Fischer, Hardcover, 978-3-10-397413-3, 20 Euro (Beitragsbild: Buchcover).

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