Ein Bob Dylan-Roman, nicht nur für Dylanologen
von Gérard Otremba
Bob Dylan ist nicht zu fassen. Die Privatperson schon mal gar nicht, die von ihm selbst erschaffene Kunstfigur ebenfalls nicht. Annäherungen jedoch sind möglich. Texte und Konzerte sind der beste Weg, die spärlichen Interviews, die Bob Dylan gibt führen relativ häufig in die Irre. Das weiß auch Maik Brüggemeyer, doch das Faszinosum Bob Dylan läßt ihn wie so viele Fans nicht los. Der 38-jährige Musikjournalist, seit 2001 Redakteur des deutschen Rolling Stone Magazins, hat sich auf eine Spurensuche nach der mythischen Gestalt des Bob Dylan gemacht. Sein Roman Catfish, benannt nach einem weniger bekannten, während der Aufnahmen für Dylans Desire-Album Mitte der 70er-Jahre entstandenen und erst 1991 auf The Bootleg Series 1-3 veröffentlichten Song, erweist sich als eine stets unterhaltsame Mischung aus Realität und Fiktion. Maik Brüggemeyer fliegt nach New York, um den Künstler Bob Dylan aufzuspüren und begegnet dort etlichen skurrilen Personen, die entweder just aus Dylan-Songs entsprungen sein könnten, oder eins der vielen Gesichter annehmen, die der Meister aus Duluth, Minnesota, in seiner nun über 50 Jahre währenden Karriere zeigte.
Häufig ist in der Dylan-Geschichtsschreibung in diesem Zusammenhang von „Masken“ die Rede, die der 73-jährige Musiker benutzt habe, um sein wahres Ich zu verbergen. Doch zeigen all sein Stil- und Sichtwechsel nicht viel mehr die Veränderungen, die ein Mensch in seinem Leben erfahren kann? Brüggemeyers Protagonisten in Catfish liegt ein fundierter Zitatenschatz zugrunde. Die Dialoge sind ein kenntnisreiches Sammelsurium aus Dylans Liedtexten und Auszügen zahlreicher über ihn erschienener Aufsätze. Letztendlich trifft der Autor auch eine sich Bob nennende Person und schließt sich seinem Jahrmarkt-Commedia dell‘Arte-Zug an. Brüggemeyers Begegnungen sind witzig, pointiert und ein großer Spaß für Dylan-Lyrics-Liebhaber. Alle anderen mögen mit dem Bob Dylan Roman Catfish einen ersten Weg zum Genius eines der außergewöhnlichsten Künstler dieses Planeten finden. Maik Brüggemeyers Reise ins Dylan-Universum lohnt sich, eine ausgedehnte Beschäftigung mit Bob Dylans Musik sowieso.
Maik Brüggemeyer: „Catfish – Ein Bob Dylan Roman“, Metrolit Verlag, Hardcover, 978-3-8493-0363-1, 22 €.