Madeleine Prahs: Die Letzten – Roman

 

Eine berührende und schwarzhumorige Geschichte

Erst relativ spät raufen sich die letzten Bewohner des Hauses in der Hebelstraße 13 zusammen und werden zu einer verschworenen Gemeinschaft. Drei Mieter zählt das Haus noch, alle drei ignorieren die Abmahnungen und Drohungen des Besitzers Thomas Grube, der das Haus modernisieren möchte. Aber sie mögen sich nicht wirklich, die 28-jährige Teilzeitstudentin Jersey (Dachgeschoss Mitte), der 55-jährige arbeitslose Logistiker und Hausmeister Karl Kramer (Erdgeschoss rechts) und die 72-jährige ehemalige Deutschlehrerin Elisabeth Buttkies (2. Stock Mitte). Das Schicksal in Form ihres Hausbesitzers führt „Die Letzten“ letztendlich auf groteske Weise zueinander.

Sounds & Books_Madeleine Prahs_DIe Letzten_Cover_dtvDie 1980 in Karl-Marx-Stadt geborene Madeleine Prahs erzählt in ihrem zweiten Roman die persönlichen Lebensgeschichten der drei Hauptprotagonisten, abwechselnd in den ihnen gewidmeten, jeweiligen Kapiteln. Jersey, eigentlich Marina Weber, das „Punk“-Girl, ist eine unentschlossene Studentin, die für einen Baumarkt Flyer verteilt, dem Alkohol nicht abgeneigt ist, gerne mal selbstangebauten Stoff raucht und mit ihrem ehemaligen Freund eine Zeit lang subversiv und illegal bei IKEA wohnte. Der Job von Karl Kramer als Logistiker ist von der Firma, für die er arbeitete, wegrationalisiert worden, seine Hausmeistertätigkeit verlor er, als das Gebäude von der Wohnungsbaugesellschaft an den Privatier Thomas Grube verkauft worden ist. Kramer sehnt sich nach seiner Ex-Frau Erika und findet halbwegs Trost in seiner Stammkneipe, der „Blauen Perle“.

Die verwitwete Elisabeth Buttkies, die in den 90er-Jahren mal den dritten Platz bei dem Stadtteilzeitungswettbewerb „Unser schönster Balkon“ mit Kunststoffblumen gewann, leidet an Lymphknotenkrebs. Die Medikamente ihrer oralen Chemotherapie führen in der Nebenwirkung zur Sprachverwirrung und eigentlich will sie so schnell wie möglich unter die Erde, doch die Fügung spielt noch nicht mit. Zwischenzeitlich meldet sich das Haus selbst immer wieder zu Wort, greift aber nicht nur in den Erzählablauf ein, sondern mit Nachdruck auch in die Story selbst.

Madeleine Prahs überzeugt in Die Letzten mit viel Feingefühl für ihre Figuren und einer gehörigen Portion schwarzen Humors. Der Roman changiert zwischen berührenden, komischen und großstadttypisch-problembehafteten, also sozialgesellschaftlich relevanten und zeitaktuellen Passagen. Drei Lebensentwürfe dreier nicht immer einfacher, teils verschrobener und nicht sofort liebenswerter Personen aus verschiedenen Generationen unter einem Dach vereint, von Madeleine Prahs originell, unterhaltsam und pointiert erzählt.

Madeleine Prahs: „Die Letzten“, dtv, Hardcover, 304 Seiten, 978-3-423-28134-8, 21 €.

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