London Grammar live in Hamburg 2017 – Konzertreview

 

Edel, anmutig, elegant und betörend

Alle Deutschland-Konzerte der diesjährigen London Grammar-Tour sind ausverkauft. Das Trio aus dem englischen Nottingham füllt Hallen in der Größenordnung von 3000 bis 4000 Zuschauern, doch immerhin bietet das Hamburger Mehr! Theater am Großmarkt angenehmerweise noch genügend Platz an den Rändern mit guter Sicht zur Bühne. Zahlreiche Besucher sind am 28.11.2017 bereits pünktlich um 20 Uhr vor Ort, als der Support-Act Lo Moon mit seinem Gig beginnt. Das Quartett aus Los Angeles erntet für seinen halbstündigen Auftritt verdientermaßen viel Applaus. Die Band um Sänger, Gitarrist und Pianist Matt Lowell spielt einen durchdachten, sphärischen Indie-Pop-Rock in Cinemascope, zwischen filigraner Bedachtsamkeit und feierlicher Opulenz. Wir warten gespannt auf den ersten Longplayer, der Gig in Hamburg weckt das Interesse.

Lo Moon erweisen sich als ideale Vorgruppe für London Grammar. Schlagworte wie „Bedachtsamkeit“ oder „Feierlichkeit“ (wenngleich selten in opulente Sphären driftend) passen selbstverständlich auch zur Beschreibung des London Grammar-Sounds, der von einer beeindruckenden Vocal-Leistung von Sängerin Hanna Reid getragen wird. Gemeinsam mit Gitarrist Dan Rothman und Dominic „Dot“ Major an Keyboard und Schlagzeug kreiert Reid eine Mixtur aus Electro, Folk, Soul, House, Trip Hop, Dream- und Indie-Pop. Der Live-Querschnitt mit Songs ihrer beiden Alben If You Wait (2013 erschienen und Platz 2 in den heimatlichen UK-Charts) und Truth Is A Beautiful Thing (Juni 2017 veröffentlicht, Platz 1 in England, Top-Ten in Deutschland) hat die stärksten Momente, wenn die aparte Hannah Reid Piano spielt, wie in „Hell To The Liars“, das sanft beginnt und im Bombast endet. Großes Kino.

Und während der anschließenden, intimen Ballade „Truth Is A Beautiful Thing“, wenn Reid alle Register ihres Gesangvermögens zieht. „Sights“ impliziert  gar die verwunschene Mystik einer Kate Bush. Das ist alles edel, anmutig und elegant. Vom dezenten Opener „Who Am I“, über das rhythmische „Flickers“ hin zur finalen Indie-Pop-Sehnsucht von „Big Picture“ betören London Grammar ihre Fans. Den vielleicht schönsten Augenblick des Konzertes liefern London Grammar mit der zweiten Zugabe, „Oh Woman Oh Man“, bei der sich Hannah Reid nicht nur Kate Bush, sondern auch noch Tori Amos einverleibt und mit deren Intensität mithalten kann. Nach 75 Minuten geht der London Grammar-Auftritt mit einem gerüttelten „Metal & Dust“ zu Ende. Kein spektakuläres, aber ein hörenswertes Konzert.

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