LIZ : Mona Liza – Albumreview

LIZ credit dieserbobby

Die Frankfurter Rapperin LIZ zeigt auf „Mona Liza“ Pop-Appeal und schlägt auch introvertierte Töne an

Deutschrap wird immer mehr zur Frauensache. Die Qualität der von Frauen veröffentlichten Scheiben oder Tapes der letzten Monate ist überwiegend hochklassig und häufig in der Themenwahl weitaus relevanter als vieles, was männliche Kollegen in den letzten Monaten auf die Kette bekommen haben. Das macht „Mona Liza“, das Debütalbum der Rapperin aus dem Frankfurter Ostend, allerdings nicht zum neuesten Statement einer Bubble feministischer Mitstreiterinnen. Oder vielleicht doch, aber anders.

Mona LIZa hängt in Frankfurt

LIZ’s Feminismus offenbart sich durch das Schlagen der Jungs in deren Turf. Frankfurt, durch den Einfluss der hier stationierten GIs schon früh nicht nur Rap – sondern sogar Gangsta-Rap-Hochburg, brachte Stadtteile wie Rödelheim (Moses Pelham) und die Nordweststadt (Azad) ins Bewusstsein der Hörer in ganz Deutschland – nicht selten auf eine dubios verklärende Art. LIZ wuchs im Ostend auf, bevor die EZB dort die Gentrifizierung explodieren ließ. Im sehenswerten Interview mit Miriam Davoudvandi spricht sie davon, wie behütet man dort aufwachsen konnte.

Die krasse LIZ

Nix mit brennenden Mülltonnen also. Familiäre Ereignisse, ein Umzug nach Offenbach sowie ein kriminelles Umfeld brachten sie jedoch auf die schiefe Bahn; es gab Competition beim Klauen so wie später beim Reimen. „Ich wollt‘ einfach krasser sein als die Typen hier …. Wenn ein Typ so krass sein kann, warum kann ich das nicht als Frau?“ führt sie im Interview aus. LIZs Mixtape „Bleibe Echt“ von 2021 zeigt, dass sie „krass“ ist und wie sie sich behauptet in der Frankfurter Parallelwelt um Koks, Kohle oder Status. Eine juvenile, großmäulige Standortbestimmung, die explizit kein emanzipatorisches Statement formuliert und trotzdem zu einem wird.

Alle wollen sein, so wie Lizzy

Während andere Artists im Game eine Weile brauchten um nachdenklichere Reflexionen zuzulassen und wiederum andere rappende Großverdiener immer noch Äonen davon entfernt sind, addiert „Mona Liza“ bereits beim zweiten längeren Release in ihrer Diskografie solche Zwischentöne. Die erlebt man genrespezifisch natürlich erst später im Album, nachdem im „Intro“ sowie im Titeltrack erst mal der Status Quo festgehalten wird. „Alle wollen sein, so wie Lizzy“ stellt sie selbstbewusst fest in „Bruder Yallah“ und zeigt allen, die bisher nicht an sie glaubten, den grell lackierten Mittelfinger.

Die introvertierte Seite von LIZ

Doch schon ab Song Nummer 4 wird es introvertierter und kindliche Verletztheit bricht sich Bahn. In „Grau“ singt LIZ darüber hinaus über ihre vergangenen Träume (sie macht das wunderschön), im Plattenabschluss „Mama“ sprechsingt sie über eine späte Begegnung mit ihrer Mutter (und macht auch das wunderschön). „Apfel“ vorher bemüht das Sprichwort von der Frucht, die nicht weit vom Baum fällt und thematisiert die Beziehung zu ihrem Vater. Eine spanische Gitarre zum Elektro-Rumms veredelt „Wahre Liebe“ und schreit (vielleicht etwas zu gewollt) nach einer hohen Chart-Platzierung. Verdient hätten eine solche jedoch so gut wie alle Tracks. Das witzige „#weißtduwasichmein“ (im oben verlinkten Interview die von LIZ benutzte Hauptphrase) mit Frankfurts Finest Celo & Abdi sollte diesbezüglich ein Selbstläufer sein. Auch Schwesta Ewa, seit knapp einem Jahr aus dem Bau draußen, rappt mit und zeigt LIZ’s Respekt vor ihren Vorgängern in 069, welches in „Lizzy auf Repeat“ seine ultimative Huldigung erfährt.

Wer mit deutschem Gangsta-Rap nichts anfangen kann, wird wohl auch hier kaum zum Fan mutieren. Das ist angesichts solch einer musikalisch wie stimmungstechnisch abwechslungsreichen Scheibe mit hohem Pop-Appeal zur Schnodderschnauze jedoch durchaus als Versäumnis zu werten. Tolle Platte.

„Mona Liza“ von LIZ erscheint am 21.01.2022. (Beitragsbild-Credit: dieserbobby)

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