Vom Soloprojekt zur Bandstärke
von Gérard Otremba
Die Zeit der minimalistischen Darstellungsform gehört für Livy Pear seit einigen Wochen der Vergangenheit an. Das von Olivia Gruschczyk ursprünglich in Solo-Form initiierte Projekt ist nun zu einer echten Band angewachsen. Die in München geborene Olivia Gruschczyk spielt auf so simple wie vertrackte Weise mit ihrem Namen, geht das englische Pear doch auf die direkte Bedeutung ihres polnischen Nachnamens zurück. Ganz schön tricky, läßt sich die 24-jährige Songwriterin mit der Übersetzung die Optionen sowohl eines Bandmonikers als auch eines Soloprojektes offen.
Die Solo- und Duo-Zeit von Livy Pear
Solo stand Olivia Gruschczyk als Livy Pear schon 2007 auf der Bühne, erreichte beim Emergenza Acoustic-Talentwettbewerb das Halbfinale und gewann gleichzeitig den Publikumspreis. Erstaunliche frühe Meriten für Gruschczyk, brachte sie sich doch erst kurz vorher das Gitarrenspiel selbst bei, nachdem sie als Kind mit dem Klavierunterricht zur praktischen Seite der Musik fand. Weitere Auftritte folgten in den nächsten Jahren zumeist in ihrer Heimatstadt München, bevor ein Schlüsselerlebnis sie dazu brachte, eigene Aufnahmen zu machen. „Die Veröffentlichung der Debütplatte Mutual Friends der Band Boy hat mich dazu gebracht, eine EP aufzunehmen“, erzählt Olivia Gruschczyk aus der Anfangsphase von Livy Pear, die ja noch nicht allzu lange her ist. 2011 erschien besagte Plattes des Pop-Duos Boy und schon ein Jahr später hatte Livy Pear die erste EP Come And Go im Kasten. Berührender Singer-Songwriter-Folk, teilweise mit deutschen Texten, der bereits ein Jahr später nuancenreich verfeinert wurde, trat Livy Pear in der Zwischenzeit doch als Duo auf, nachdem Gitarrist Lukas Weyell als Begleiter zu Olivia Gruschczyk stieß. Das musikalische Spektrum erweiterte sich bei der gemeinsamen EP Beginnings ebenfalls, spielte das Folk-Pop-Duo die fünf neuen Songs mit weiteren Musikern ein, so dass sich zu den akustischen Gitarren noch ein Bass, ein Piano sowie sparsame Drums- und Percussionklänge hinzugesellten. Nach diversen gemeinsamen deutschlandweiten Auftritten beendeten Gruschczyk und Weyell ihre Zusammenarbeit zu Beginn dieses Jahres, die Sängerin zog in der Zwischenzeit von München nach Berlin, während Lukas Weyell des Studiums wegen in Tübingen blieb.
Livy Pear nun als Quartett
Sehr lange ohne musikalische Unterstützung blieb Olivia Gruschczyk nicht, lernte sie doch im Frühjahr während ihrer Teilnahme am Hamburger Popkurs drei gleichgesinnte junge Musiker kennen, die bei Livy Pear mittlerweile das Bandgerüst stellen. Frontfrau Olivia Gruschczyk sieht die letzten Jahre als eine „durchweg positive Entwicklung“ für Livy Pear. „Ich mag es sowieso nicht, allein auf der Bühne zu stehen und als Band kann man viel mehr ausprobieren“, beschreibt sie die neue Aufbruchsstimmung bei Livy Pear. In Daniel De Maria hat sie einen weiteren Songwriter an ihrer Seite, der „viele neue Impulse setzt und mit dem ich zusammen Ideen entwickeln kann“, freut sich Gruschczyk über die kompositorische Unterstützung. Der 26-jährige Kölner Daniel De Maria, Rockmusikhörer und bekennender Nirvana-Fan, erlernte das Gitarrenspiel mit der Do-It-Yourself-Methode im Alter von 16 Jahren und hat für etwaige Hobbys keinen Sinn. „Ich liebe Musik“, so ein sein Credo, dementsprechend dreht sich in seinem Leben alles um die schöpferische Tonkunst. Den Bass bei Livy Pear spielt Martin Baumgartner. Der 25-jährige Salzburger und seit wenigen Wochen in Hamburg wohnhafte Baumgartner wuchs familiär bedingt mit Musik auf, lernte Klavier und Gitarre, bevor er im Alter von fünfzehn Jahren den Bass kennenlernte und schließlich bei diesem Rhythmus-Instrument blieb.
Die Texterin Olivia Gruschczyk
Während er in seiner Jugend schwer vom History-Album von Michael Jackson geprägt wurde, hörte sein Schlagzeugkollege Gregor Steinbrecher die „Best Of Queen Vol. 1 von morgens bis abends“. Mit 28 Jahren ist der Berliner Gruppenältester und lag seinen Eltern bereits im Alter von fünf Jahren mit seinem Wunsch, Schlagzeug zu spielen, in den Ohren. „Mit sechs Jahren nahm ich auch Unterricht, doch fand mich mein Lehrer damals zu jung und schickte mich nach Hause. Wahrscheinlich war ich einfach zu schlecht“, erinnert sich Steinbrecher mit einem Augenzwinkern an seine ersten Schlagzeugversuche. Doch mit zwölf Jahren folgte der zweite Versuch, den er konsequent weiterverfolgte und nach dem schönen Motto „egal, was man macht, Hauptsache man macht es und hat Lust darauf, eine Tür geht immer auf“ lebt. Zusammen vertonen die drei Olivia Gruschczyks Texte, die meistens zunächst eine Melodie im Kopf habe und es mit den Textzeilen dann einfach laufen ließe. „Ich denke nicht lange nach, worüber ich texte. Es ist Zeug, was mich beschäftigt, was mir so im Kopf rumschwirrt“, gibt die Pädagogikstudentin Einblick in ihren Schaffensprozess.
Neue EP von Livy Pear in Planung
Unlängst konnte man das Quartett bei ihrem erst vierten gemeinsamen Auftritt im Hamburger Goldfischglas erleben. Und vielleicht war es ein Konzert, wie es Olivia Gruschczyk so liebt, „das Gefühl, einen so richtig geilen Auftritt zu erleben, wenn alles passt und die Leute mitmachen.“ Beim Gig während der Leinen Los Acoustic Sessions im Goldfischglas hatte Livy Pear das Publikum im Handumdrehen auf ihrer Seite, das durch rhythmisches Mitklatschen und donnerndem Applaus mächtig für Stimmung sorgte. Ob ältere Songs wie „Enough“, „Not This Time“ und „Little Drum“, oder neue Kompositionen wie das groovende „Rooftops“, das berührende „Snow“ oder das soulige „Runner“ machten Lust auf mehr Musik von Livy Pear. Mehr Musik von diesem wunderbaren Quartett wird es demnächst tatsächlich geben, ist doch für den Herbst eine neue EP geplant, ein Longplayer erscheint eventuell im kommenden Jahr. Einige Tour-Termine stehen für Livy Pear dieses Jahr ebenfalls fest. Noch muss die Band via Anzeige einen Bus für die Konzertreisen organisieren. Es sind erste notwendige Schritte, die den großen Traum von Olivia Gruschczyk und ihrer Band wahr werden lassen könnten, „die Musik als Hauptberuf ansehen und von ihr leben zu können.“
[…] Livy Pear, vor einigen Jahren noch eine charmante Solo-Singer-Songerwriterin, die schon in der Kindheit Klavier spielte und autodidaktisch auf einer geliehenen Gitarre das Spielen erlernte, verzaubert ihr Publikum heute als eine 4-köpfige Indie-Folk-Pop Band. Das Sprungbrett für die junge Musikerin, Olivia Gruschczyk, der Frau hinter Livy Pear, war ein Bandwettbewerb, bei dem sie ohne ihr Wissen angemeldet wurde und schließlich gewann. Ihr musikalisches Vorbild sind das Pop-Duo Boy und ihre ersten Songs schrieb Olivia, um “dem Liebeskummer Luft zu machen” (Süddeutsche Zeitung 07/12). Mittlerweile kann Livy Pear super stolz auf zwei erfolgreiche EPs, den Soundtrack zum Kinofilm “About a girl” und mehrere Deutschlandtourneen zurück blicken. Musikalisch begeistern Livy Pear durch berührend, soulige Klänge, animieren ihr Publikum aber auch zum Mitklatschen und Mitmachen. Über die Songtexte denkt Olivia nicht lange nach, selbst sagte sie: “Es ist Zeug, was mich beschäftigt, was mir so im Kopf rumschwirrt” (Pop-Polit 09/14). […]