Leif Randt: Allegro Pastell – Roman

Leif Randt credit Kiepenheuer & Witsch Bild Zuzanna Kaluzna

Und manchmal macht der ganze Hype einfach komplett Sinn – so wie der um Leif Randts aktuellen Roman „Allegro Pastell“

Rezension zu „Allegro Pastell“ – ein Selbstversuch: Und zwar dahingehend, nicht ins Schwärmen zu geraten. Am besten erstmal bloße Faktenwiedergabe. 1983 in Frankfurt am Main geboren, veröffentlichte Leif Randt 2009 sein Debüt „Leuchtspielhaus“ (aha). Der literarische Durchbruch gelang ihm mit seinem zweiten Roman „Schimmernder Dunst über CobyCounty“, der 2013 erschien (so so). „Planet Magnon“, Leif Randts dritter Roman, eine Utopie, wurde im Erscheinungsjahr vom Spiegel in die „50 Bücher unserer Zeit“ – Liste aufgenommen. Etwas, das außer ihm nur 49 anderen in 2015 passierte (wirklich wahr). Preise gab es auch – noch mehr sogar als Bücher. Zum Angeben geeignet sind alle, stellvertretend erwähnt sei der ihm für seine Arbeit zuletzt verliehene Erich-Fried-Preis. Stipendien gab es ebenfalls, unter anderem in Japan und Irland. Seit 2017 co-kuratiert Leif Randt das PDF- und Video-Label tegelmedia.net.
„Allegro Pastell“ ist Leif Randts nunmehr vierter Roman. Anfang März erschienen und direkt für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert. Daraus geworden ist nichts. Weder aus der Buchmesse, noch aus dem Preis.

Germany’s next Lovestory: Drogen, Sex, Badminton und Tee

Leif Randt Allegro Pastell Cover Kiepenheuer & Witsch

Zwischenstand Selbstversuch: Bisher bloße Faktenwiedergabe. Bisher nicht geschwärmt. Also weiter: Das Buch kommt in einem Leineneinband daher. Auf dem Cover ein sechseckiges Bild mit buntem Farbverlauf, auf dem Straßenlaternen zu erkennen sind. Titel (Allegro Pastell), Name des Autors (Leif Randt) und des Verlags (Kiepenheuer & Witsch) sind, ebenso wie die literarische Gattung (Roman), in güldenen Lettern aufgedruckt. Es sieht sehr schön aus. (Subjektiver Fakt, noch keine Schwärmerei.) Das Buch umfasst 288 Seiten und erzählt, beginnend mit dem Rekordfrühling 2018, in drei Phasen von der Beziehung zwischen Tanja und Jerome. Sie, Berliner Autorin, fast 30, nach gefeiertem Debüt auf eine explosive Idee für ihr neues Buch wartend. Er, fünf Jahre älter, gefragter Webdesigner mit Hang zu Neon, gut gemachten Gucci-Fälschungen und schwedischem Hip Hop, den Bungalow seiner Eltern in Maintal bewohnend. Die Fernbeziehung der beiden wirkt makellos. Über Text und Bild bleiben sie eng miteinander verbunden und besuchen sich in ihren jeweiligen Realitäten, in denen Rausch und sexpositives Ausgehen ebenso dazugehören, wie Badminton und Tee-Zeremonien. Ihr Umfeld spiegelt ihnen ein Leid, gegen das beide weitgehend immun bleiben. Wogegen sie nicht immun sind, es aber gern wären, ist das Modell einer biederen oder schmerzhaft existenziellen Beziehung. Und so erzählt „Allegro Pastell“ nicht nur vom Glück, sondern auch von der Herausforderung, dieses abseits allem Spießbürgerlichem zu konservieren.

Allegro Pastell: Was ist das für 1 good Leif

Soweit die Fakten. Ab jetzt wird es, den Selbstversuch betreffend, schwer. Danke dafür an Leif Randt und dessen unaufgeregtem Erzählen von Tanja und Jerome. Nicht emotionslos, und auch nicht facettenarm. Das nicht. Aber so beiläufig, wie es Normalität, als solche empfunden und gelebt, verlangt. Selbst (vermeintliche) Brüche in den Figuren fühlen sich nicht konstruiert an, sondern stimmig: mithin also nicht nach Brüchen, sondern nach authentischer Vielschichtigkeit. Ja, Hipster. Ja. Privilegierte. Ja, Millenials. Ja, was nicht noch alles. Ändert aber nichts an der erzählten Glaubwürdigkeit und der anhaltenden Sympathie mit zwei Charakteren, die menschlich sind: also nicht anhaltend super. Schwer, und zwar so richtig, wiegt auch eine zum Heulen schöne Mail von Tanja an Jerome. Man stellt sie sich am besten als eine der so ziemlich schönsten Mails vor, die man in dieser Situation (Phase drei) bekommen oder schreiben kann. Vielleicht keine, die man bekommen oder schreiben will. Falls aber doch, dann sehr gern so. Heulen ist kein Muss, Schluchzen jedoch der kleinste gemeinsame Nenner.

Einmal als Brosche, bitte

Der Gebrauch des Gendersternchens mindert übrigens nicht den Lesefluss, sondern mehrt die Begeisterung über „Allegro Pastell“. All das, zuzüglich eines ziemlich entspannten, sich aus den Verweisen ergebenden Soundtracks zum Nachbasteln, macht „Allegro Pastell“ zu einem jener Romane, die man anlecken oder wenigstens als Brosche tragen möchte. Und zwar das komplette Buch. Hardcover. Leineneinband. Knapp 300 Seiten. Mehr sind es leider nicht. Aus modischer Sicht vermutlich mehr als genug, aus subjektiv-literarischer nicht annähernd. Zurück zum eingangs erwähnten Selbstversuch, nicht ins Schwärmen zu geraten. Fazit: Gelungen! Keine Schwärmerei. Definitiv sachliche Begeisterung – emotional gestützt!

5 von 3 Sternen in schönstem Allegro Pastell-Neon

Leif Randt: „Allegro Pastell“, Kiepenheuer & Witsch, Hardcover mit Leineneinband, 288 Seiten, ISBN: 978-3-462-05358-6, 22 € (Beitragsbild: Credit Kiepenheuer & Witsch, Bild Zuzanna Kaluzna)

Unterstützen Sie Sounds & Books

Auch hinter einem Online-Magazin steckt journalistische Arbeit. Diese bieten wir bei Sounds & Books nach wie vor kostenfrei an.
Um den Zustand zukünftig ebenfalls gewährleisten zu können, bitten wir unsere Leserinnen und Leser um finanzielle Unterstützung.

Wenn Sie unsere Artikel gerne lesen, würden wir uns über einen regelmäßigen Beitrag sehr freuen.

Spenden Sie direkt über PayPal oder via Überweisung.

Herzlichen Dank!

Kommentar schreiben