Kylie Minogue: Disco – Albumreview

Kylie Minoque by Christian Vermaak

Kylie Minogue veröffentlicht mit „Disco“ ein feines, tanzbares und berührendes Album

Nachdem Everybody’s Darling Kylie Minogue 2018 auf „Golden“ ein wenig mit Country & Western flirtete und dies, trotz wie immer fulminanter begleitender Liveshows, songtechnisch unterm Strich nicht so ganz der Bringer war, geht die Goddess Of Pop mit ihrem 15. Album zurück zu ihrer Kernkompetenz: „Disco“ heißt das neue Werk und definiert sich damit schon treffend selber. 12 Stücke lang (auf der Deluxe-Edition werden es noch vier mehr sein) wird zum Feiern sowie zum Träumen eingeladen, mit Nummern, die wie ein Bewegungsbefehl wirken. Dabei wurde „Disco“ während des Lockdowns distanziert im Home Studio erarbeitet – Minogue schaffte sich laut Wikipedia die Software „Logic Pro“ drauf und bearbeitete ihre Vocals damit selber.

Kylie Minogue klingt nach Studio 54

Kylie Minogue Disco Cover BMG

Fast komplett stinkerfrei offenbart sich das Ergebnis, allerdings ist „Disco“ auch von in der Vergangenheit in ihrem Œuvre durchaus zu findenden Innovationen befreit. Viel mehr Retro also als das vor ein paar Wochen erschienene, von Sounds & Books hier besprochene „Róisín Machine“ von Róisín Murphy, das eine ekstatische Brücke zwischen 70er-Disco und House schlug, dabei aber keinen Deut weniger sympathisch wie schweißtreibend. Vokoderstimmen bei „Dance Floor Darling“; Telespielgeblubber und an Earth, Wind & Fire erinnernde Bläser bei „I Love It“ oder Cinemascope-Strings neben pumpenden Bässen bei „Miss A Thing“, „Unstoppable“ sowie dem zwingenden „Supernova“ – das klingt nach Studio 54 oder nach dem Munich-Sound von Giorgio Moroder, mit dem Minogue zuletzt 2015 aufnahm.

Eskapistisch bis ins Mark

Die vorab veröffentlichte Single „Say Something“ ist diesbezüglich ein kleiner Ausreißer und führte erwartungstechnisch auf eine falsche Fährte mit seinem mehr auf die 80er Jahre weisenden Sound, der Rest der Platte ist 70er pur und weist mit „Supernova“ sowie „Last Chance“ mindestens zwei absolute Knaller auf. „Where does the DJ go?“ fragt Kylie und man meint, Nile Rogers von Chic sorgt für die Gitarren im Hintergrund während sie mit uns ihren Stress hinter sich lässt, „I will survive“ mitsingend. Klar ist das alles eskapistisch bis ins Mark, aber was will man machen, während man zum Beispiel bangend auf die Wahlergebnisse in den Staaten wartet und im Minutentakt miese Nachrichten zum Zustand der Welt sammelt? Viel mehr als zuhause vor uns hinzutanzen bleibt gerade nicht, wenn man nicht komplett wahnsinnig werden möchte – Kylie hat dafür den perfekten Soundtrack geliefert. „Your Disco Needs You“ sang Kylie vor zwanzig Jahren auf „Light Years“, doch eigentlich ist es inzwischen umgekehrt.

Das Standart-Album endet mit „Celebrate You“, das sich durchaus als „Danke schön“ an die, sie seit Jahrzehnten unterstützende LGBTQIA*-Szene lesen lässt. Kylie hat einem festen Platz in deren, in unser aller Herzen. Die netteste sowie allürenfreieste Diva von allen hat ein feines, tanzbares wie berührendes Album veröffentlicht – mehr muss man eigentlich gar nicht wissen. Danke und Küsschen.

„Disco“ von Kylie Minogue erscheint am 06.11.2020 bei BMG Rights. (Beitragsbild von Christian Vermaak)

Banner, 468 x 60, mit Claim
Unterstützen Sie Sounds & Books

Auch hinter einem Online-Magazin steckt journalistische Arbeit. Diese bieten wir bei Sounds & Books nach wie vor kostenfrei an.
Um den Zustand zukünftig ebenfalls gewährleisten zu können, bitten wir unsere Leserinnen und Leser um finanzielle Unterstützung.

Wenn Sie unsere Artikel gerne lesen, würden wir uns über einen regelmäßigen Beitrag sehr freuen.

Spenden Sie direkt über PayPal oder via Überweisung.

Herzlichen Dank!

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Kommentar schreiben