Kip Moore: Wild World – Albumreview

Kip Moore credit Spidey Smith

Das wohl reifste Album von Kip Moore

Das vierte Studioalbum des in Georgia geborenen Country-Sängers Kip Moore ist die Folge einer mit Stress gefüllten, vergangenen Zeit. Der auf ihm lastende Druck habe ihn dazu veranlasst sich auf das Wesentliche zu beschränken. Mit „Wild World“ ist ihm das bedingungslos gelungen.

„In a world full of squares, love is round“

„Why you wanna keep running from the one thing that’s been true“ singt Kip Moore in „Janie Blu“. Die Frage weshalb sich Menschen so oft im eigenen Weg stehen, scheint für den amerikanischen Songwriter während des Schreibens einiger Lieder von zentraler Bedeutung gewesen zu sein. So fragt er sich „Where you off to, Janie Blu?“. Die vielen Palm-Muted Riffs der Gitarren machen den Anschein, als sei auch das Saiteninstrument nicht dauerhaft in der Lage aus dem Vollen zu schöpfen. Wenn man älter wird, fange man an über größere Sachzusammenhänge nachzudenken, sagt Moore in einem Interview und fragt sich in welcher Weise man selber in dieses Konzept Leben passen würde. Offensichtlich wird anhand seines vierten Albums, dass es sich dabei nicht mehr um gekühltes Bier und Mädchen in roten Kleidern, wie in seiner Debüt-Single „Somethin’ ‘Bout A Truck“ aus dem Jahr 2012, handelt. Kip Moore muss aber feststellen, dass in einer Welt voller Rechtecke, Liebe rund ist („Crazy For You Tonight“). Dennoch ist er sich der Existenz seiner großen Liebe bewusst. In „She’s Mine“ geht er der Frage nach, was diese ihm noch unbekannte Person gerade macht. Vielleicht ist sie in Dallas und Fan des Football Franchise der Cowboys oder doch eher Hippie an der Westküste mit Blumen in den Haaren. Letztlich appelliert er an die Leute vor Ort, sie sollen ihr schon mal mitteilen, sie sei seine.

Kip Moore mit einem Faible für Gegensätze

Kip Moore Wild World Cover MCA Nashville

„Wild World“ präsentiert sich in Liedern wie „Red White Blue Jean American Dream“ mit einschlägigen Rhythmen, die mit einem reifen Sinn für Texte einhergehen. Kip Moore widerspricht dabei nicht nur Konstrukten wie Social Media: Ebenso gerne dreht der Songwriter Sprichwörter um. So trotzt er im ruhigen Stück „More Than Enough“ mit „Grass is pretty green right here“ der gängigen Phrase „It’s always greener on the other side“. Eben diese Thematik um die Wertschätzung des bereits Präsenten wird hier intensiv behandelt. Mit dem Titelsong „Wild World“ ist ihm eine Ballade mit gefühlvollen Interludes gelungen. Während Diese ausklingen, besingt er metaphorisch moralisches Wunschdenken: Man solle kein Vertrauen in das Grün eines Dollar-Scheins haben, sondern stolz auf die Farbe des Blaumanns sein.

Einsparung von Zusätzen – Kip Moore konzentriert sich auf das Wesentliche

Wenn Gitarren-Riffs wie in „Grow On You“ erklingen, wird einem ohne Zweifel bewusst, welchem Genre Moore zuzuordnen ist: Country. Umso verwunderlicher ist es, dass man auf „Wild World“ bis zum zehnten Lied („Sweet Virginia“) warten muss, um sich einem tatsächlichen Gitarren-Solo ergeben zu dürfen. Auch hier spart Moore aus – beschränkt sich somit auf das Wesentliche. Dennoch mangelt es über das ganze Album hinweg nicht am modernen Klang des Country. Das Stück „Southpaw“ besitzt starken Ohrwurm-Charakter, einen treibenden Rhythmus und verkörpert des Weiteren eine klassische Haltung von früheren Alben: „Should’ve been an outlaw“. Aber letztlich bleibt es bei der Projektion einer alternativen, bereits abgelehnten Lebensweise. „Payin’ Hard“ bildet als letztes Lied nicht nur den Abschluss des Albums, sondern manifestiert zugleich das Durchhaltevermögen Moores. Während im Hintergrund eine 12-Saiter von einer Base-Drum unterstützt wird, offenbart sich der Amerikaner: „At the expense of my heart, I cashed in my soul“. Anschließend vergleicht er sein Leben mit einer Kreditkarte. „Pay now, pay later and I’m paying
hard.“

Moores Drang nach Authentizität

„Wir hatten keine ‚Dinge‘ als wir aufwuchsen. Wir waren nie eine Familie mit Besitz. Aber ich hatte das tolle, charakterliche Rückgrat meiner Mutter und meines Vaters“, sagt Moore. Diese Botschaft nimmt man ihm beim Hören seines Albums „Wild World“ ab. Er wollte diese Platte direkter machen als bisherige Aufnahmen; nahm live mit der Band im Studio auf, sah von Overdubs ab und wehrte sich erfolgreich gegen das Zusammenschneiden von Takes. So wurde „Wild World“ zu dem was es geworden ist: Ehrlich.

„Wild World“ von Kip Moore erscheint am 29.05.2020 bei MCA Nashville / Universal Music. (Beitragsbild von Spidey Smith)

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