Der Auftritt der Liverpooler Band King Hannah am 05.04.2022 in der Hamburger Hebebühne grenzt teilweise an ein Erweckungserlebnis
Musikalischer Großkampftag in Hamburg: The Divine Comedy Im Gruenspan, Damien Jurado in der Christianskirche, Haiyti im Mojo Club und King Hannah in der Hebebühne. Nur um mal die wichtigsten Acts zu nennen, die parallel am selben Abend in der schönen Stadt an Elbe und Alster auftreten. Man möchte sich als Rezensent gar nicht wirklich entscheiden müssen. Okay, interessante und gleichzeitig stattfindende Konzerte gehören in Hamburg praktisch zu Tagesordnung, aber The Divine Comedy und Damien Jurado zu opfern, fällt dann schon schwer. Denn die Wahl fällt auf King Hannah, deren Konzert auf dem Reeperbahn Festival 2021 wir in unserem damaligen Bericht erwähnten.
King Hannah und ein überragendes Bruce-Springsteen-Cover
Die Erinnerung an das glorreiche Live-Erlebnis des Liverpooler Duo Hannah Merrick (Gesang, Gitarre) und Craig Whittle (Gitarre, Gesang), beim Auftritt in der Hebebühne um Bass und Schlagzeug ergänzt, ist auch nach über einem halben Jahr noch präsent. Die aufstrebenden britischen Newcomer haben nach der 2020 erschienenen EP „Tell Me Your Min And I’ll Tell You Mine“, die mit dem bei uns als Song des Tages vorgestellten „Crème Brûlée“ den ersten Bandklassiker enthält, im Februar das Debütalbum „I’m Not Sorry, I Was Just Being Me“ folgen lassen. King Hannah gehört zu diesen Entdeckungen, die einen wohl noch lange begleiten werden. Zumal nach Konzerten wie in der Hamburger Hebebühne.
In manchen Teilen grenzt der Auftritt an ein Erweckungserlebnis. Was King Hannah mit Bruce Springsteens „State Trooper“ anstellen, versetzt einen immer wieder in Erstaunen. Natürlich passt Hannah Merricks stoisch-dunkle Stimme perfekt zum düsteren „Nebraska“-Sound Springsteens, den die Briten am Ende in eine atemberaubende und hymnische Gitarren-Desert-Rock-Orgie verwandeln. Der Song steht an zweiter Stelle der Setlist und sorgt nach dem souveränen Auftakt „A Well-Made Woman“ für das erste große Highlight.
Ein bezirzender Desert-Blues-Rock
Sollte Desert-Blues-Rock jemals die Gabe zu bezirzen haben, dann in der Variante von King Hannah. Vom Quartet bestens in Szene gesetzt bei „Foolius Caesar“, das die Magie von Portishead mit anderen Mitteln einfängt. Die Dramaturgie der Setlist kann kaum besser und stimmiger sein und kulminiert in den letzten drei Songs. Dem epischen, an Neil Young im Wüstensand erinnernden „The Moods That I Get In“ folgt das hypnotisch-beschwörende „Crème Brûlée“, bevor das Konzert mit dem gewaltigen wie himmlischen Indie-Rock von „It’s Me And You, Kid“ ein phantastisches Ende findet. Und das, nachdem die Fans bereits von „Big Big Baby“ und „I’m Not Sorry, I Was Just Being Me“ betört worden sind.
Und vielleicht fühlte sich der ein oder andere an frühe Fleetwood-Mac-Zeiten mit Peter Green erinnert, und andere goutierten möglicherweise die psychedelische Note der Band und sicherlich alle waren zu diesem Zeitpunkt von der Gitarrenarbeit Craig Whittles begeistert. Die anhaltenden Ovationen des Hamburger Publikums werden am Ende belohnt. Eigentlich war gar keine Zugabe vorgesehen, aber King Hannah kommen doch noch mal auf die Bühne, um mit „Meal Deal“ einen letzten Höhepunkt zu setzen. Ein rauschhafter und faszinierender Abend. Der mit Camille Camille als Support begann. Die aus Belgien stammende Songwriterin reicht zwar noch nicht an ein Erweckungserlebnis heran, wußte indes mit ihrem entrückten Dream-Folk ebenfalls zu überzeugen.
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