Dienstag Morgen. Es ist grau und kalt, außerdem nieselt es. Nicht die besten Voraussetzungen, das neue Album von Khruangbin zu hören.
von Michael Thieme
Oder gar darüber zu schreiben. Vor ein paar Tagen, da wärmte die Sonne kurz den Balkon, während vom Rechner der Vorabstream von „A La Sala“, dem vierten Studioalbum des Trios aus Texas, zu hören war. Fürwahr ein fulminanter Unterschied: Der Groove des vielleicht lässigsten Trios der Gegenwart entspannte nicht nur augenblicklich, sondern machte erwartungsvoll neugierig auf den Tag sowie auf das Album. Doch die Sonne ging, die Temperaturen sanken und mit ihnen die Erwartungen an das noch Kommende sowie gleichermaßen die Lust, den Alltag mit Khruangbin weiter zu illustrieren. Macht das „A La Sala“ zu einem Werk mit Musik, die im Hintergrund bleibt und keine Akzente setzt? Nein. Aber es ist ganz schön nah dran, diesmal.
Ein „Destillat“ des Khruangbin-Sounds
Als solches wird „A La Sala“
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(zu deutsch: „Ins Zimmer“ oder „Ab in die Stube“) im Promoanschreiben der Plattenfirma bezeichnet, nachdem in diversen Kollaborationen mit u.a. Leon Bridges, Vieux Farka Touré oder sogar Paul McCartney sowie den aus den unterschiedlichsten Weltregionen gespeiste Sound der Vorgängeralben „Con Todo El Mundo“ und „Mordechai“ beeindruckende Duftmarken gesetzt wurden. So beeindruckend, dass Khruangbin auf der folgenden Tournee nur noch auf großen Festivals oder Locations zu sehen sein werden – und dabei eine, so das Promoanschreiben weiterhin: „Live-Show inszenieren werden, die einen kreativen Rahmen auslotet, der nur ihnen vorbehalten ist.“ Aha.
Weniger ist mehr
Laura Lee Ochoa (Bass), Mark Speer (Gitarre) und Donald „DJ“ Johnson jr. (Drums) machen alles genauso richtig und ohne damit anzugeben, wie immer. Der außergewöhnliche Vortrag der Bassistin, die vor Khruangbin alle möglichen Instrumente spielte, nur eben den Bass nicht, wird von André Bosse im aktuellen Musik Express gepriesen mit „Er (der Bass) bildet hier nicht nur die Grundlage der Stücke, sondern rollt komplett eigenständig auf den Texturen von Gitarre und Drums herum…“; während Jan Jekal im aktuellen Rolling Stone von Mark Speer schwärmt: „Seine Gitarrenfiguren, verhallt und clean, schlängeln sich melodisch über die tighte Rhythmusgruppe, häufig an Tonleitern entlang, die sich nicht in den Grenzen westlicher Harmonien bewegen“.
Zusammengehalten vom reduzierten Spiel Johnsons, dessen Präzision sogar Unterrichtsthema für Schlagzeug-Studierende geworden ist, ergibt sich ein Klangbad, das an Easy Listening erinnert, davon jedoch kilometerweit entfernt liegt. Allerdings war die Gefahr, dass die hier gezeigten Präzisionen wie Raffinessen ungewürdigt an einem vorbei plätschern, noch nie so groß wie bei diesem Tonträger.
Der „kreativen Rahmen“ einer Live-Show wird in heimischen Gefilden leider nur an zwei Abenden im November im Berliner Tempodrom zu erleben sein. Nur für den 8.11. gibt es noch Karten.
„A La Sala“ von Khruangbin erscheint am 05.04.2024 bei Dead Oceans / Cargo Records. (Beitragsbild von David Black)