„Der Anbeginn“ von Katharina J. Ferner ist ein intensiver und faszinierender Roman aus einer archaischen Welt, der mit mythenhaften Motiven die Verbindung zur Aktualität schafft
Eine Dorfgemeinschaft in präindustrieller, sonst nicht näher bezeichneter Zeit, in einem Land ohne Herrscher, in dem die Menschen nach den Gesetzen der Natur leben. Die Ich-Erzählerin von Katharina J. Ferners neuem Roman „Der Anbeginn“ erblickt das Licht der Welt, gleichzeitig stirbt ihre Großmutter. Eine lange Tradition geht auf die nächste Generation über, „ein Tod für jedes Leben“. Traditionen, Bräuche, Legenden, Mythen und Aberglaube prägen das Leben des Dorfes, mithin das der Familie der erzählenden Protagonistin, die eine Vorliebe für Kriechtiere entwickelt.
Dominante Frauen
Die Frauen dominieren die Gesellschaft. Der Legende nach war die Dorfgründerin eine direkte Familienvorfahrin und den Frauen obliegt auch die Bestattung der Toten am Fluss, wo der Fährmann auf die Hinterbliebenen wartet. Ein Fährmann, den man besser nicht reizt, die Nähe des Flusses kann sich als gefährliches Terrain für die Lebenden erweisen, wie es die Erzählerin in ihrem Freundesumfeld erfahren wird. Ihr eigenes Leben verändert sich grundlegend in den ersten Jahren der Pubertät, als die „Engelmacherin“ mit ihrem jungen Sohn Aron im Dorf auftaucht. Sie schließt Blutsfreundschaft mit dem Schönling, der sich als Wolf im Schafspelz entpuppt und der Rache des Opfers nicht entgeht.
Katharina J. Ferner fängt magische Momente und harte Realität ein
In ihrem neuen Roman entführt Katharina J. Ferner die Leser in eine archaische Welt, fernab gewohnter, moderner Strukturen. Die 1991 geborene Österreicherin überzeugt mit ihrer knappen, klaren und präzisen Sprache, die den Bogen zwischen magischen Momenten und harter Realität konzise einfängt. Mit dem Gebrauch märchenhafter und alttestamentarischer Motive transportiert Ferner ihre bilderreichen Inhalte in die Gegenwart. Ein faszinierender Roman, der einerseits die Machtverhältnisse zwischen Frauen und Männern auslotet, und andererseits die Verletzung bestehender und allgemeingültiger Regeln für das Zusammenleben einer Gemeinschaft in den Fokus rückt.
Katharina J. Ferner: „Der Anbeginn“, Limbus, Hardcover, 224 Seiten, 978-3-99039-184-6, 22 Euro. (Beitragsbild: Pressefoto)
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