Juli Gilde live in Hamburg 2025

Juli Gilde live Hamburg 2025 Häkken by Gérard Otremba Sounds & Books

Tour-Auftakt für die Berliner Songwriterin Juli Gilde und ihre Band im Hamburger Häkken

Text und Fotos von Gérard Otremba

Was kann es eigentlich Schöneres geben, als die Tour am Abend vor der Veröffentlichung des Debütalbums im Hamburger Häkken zu beginnen? Die Berliner Musikerin Juli Gilde kam am 13.02.2025 in eben diesen Genuss und war auch sehr glücklich, an diesem Abend auf der Bühne des Hamburger Clubs stehen zu dürfen. Allein, es hätten ein paar Menschen mehr  den Weg ins Häkken finden können, Schneefall in Hamburg kann da nicht als Ausrede dienen und am gebotenen Programm kann es nun mal ebenfalls nicht gelegen haben, denn das war gleich zweimal ganz hervorragend.

Ronja als Support von Juli Gilde

So lauschten die Anwesenden bereits andächtig dem Support Ronja, eine gute Freundin Juli Gildes, die letztes Jahr ihre Debüt-EP „Sichtrennen, Vergessen, Vergeben“ herausgebracht  hat. Die 20-Jährige spielte ihre Beziehungslieder wie „Trauerspiel“ oder „Trauriger Disco Song“ (zwei neue Lieder gab es ebenfalls), die im Original eher an Billie Eilish erinnern, in der Akustikversion mit Gitarre und das alles nicht minder eindrucksvoll. Und sie brachte die Besucher zum Mitsingen, auch nicht alltäglich für einen Support-Act. Ein sehr schöner Auftakt dieses Abends, der nach einer erfreulich kurzen Pause mit dem Gig von Juli Gilde und ihrer Band, bestehend aus Keyboarderin Andrea Tichy, Gitarrist Carl Tischler sowie Schlagzeuger und Bassist Jan Langer, seine Fortsetzung nahm.

Das komplette Debütalbum live

Wir verfolgen die Juli Gildes Karriere regelmäßig seit der Debütsingle „Stadtrand“, dazu gehörte auch der Besuch ihres letzten Band-Konzerts in Hamburg beim Reeperbahn Festival 2022, an das Juli Gilde allerdings aus organisatorischen und technischen Gründen keine so gute Erinnerung hat, wie sie in einer ihrer Ansagen mitteilte. Nun, bis auf die Tatsache, dass Gilde mit ihrer Band nach einem Monat Pause noch am selben Tag nach der Anreise probte, verlief ihr Hamburg-Auftritt diesmal soweit reibungslos. In den gut 80 Minuten stellte sie das komplette, am 14.02.2025 erscheinende, und von uns rezensierte Debütalbum „It’s Hard To Be A Blizzard“ vor. Vom treibenden Konzert-Opener „Wieso eigentlich?“, über das schillernde „Rosarot“ hin zu „Nichts tut gut“ (wo sie von ihrem Produzenten Chris Trumpf als Gastsänger begleitet wurde) und „Blumen gegenüber vom Schrottplatz“, das Gilde allein am Keyboard vortrug, gab es besten zeitgenössischen deutschsprachigen Indie-Songwriter-Pop zu hören.

Juli Gilde und Wolfgang Herrndorf

In der Schule gehörte Gilde zu den Glücklichen, die den Roman „Tschick“ von Wolfgang Herrndorf lesen durften. Anschließend befasste sie sich mit weiteren Büchern des durch Suizid aufgrund eines irreparablen Gehirntumors viel zu früh von uns geschiedenen Autors und zitierte eines seiner Gedichte, das sie zum Song „Ein Lada steht im Parkverbot“ inspirierte. Allein hierfür sorgte es in diesem Jahr Preise für Juli Gilde hageln. Und weil Gildes Mutter aus Polen stammt, Juli zwischenzeitlich die Sprache indes völlig vergaß, näherte sie sich über die dortige Musikszene an ihre Zweitheimat an und coverte einen Song eines jungen polnischen Kollegen.

Die beiden älteren Songs „Autofensterkurbel“ sowie natürlich „Stadtrand“ (u.a. mit der so wunderbaren Zeile „Illegale Fahrradrennen bis zur Eisdiele“) komplettierten die Setlist. Mit fast brüchiger Stimme sang sie den traurigen Text von „Gleis 13“ als letzte Zugabe und die Fans sangen entzückt im Chor mit. Eine tolle Musikerin und ein sympathischer Mensch, diese Juli Gilde. Und beim nächsten Konzert ist das Häkken dann richtig voll.                

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