Jonathan Wilson: Dixie Blur – Albumreview

Jonathan Wilson live Hamburg 2018 Mojo Club by Gérard Otremba

Mit seinem wehmütigen Americana-Album ist Jonathan Wilson scheinbar ganz bei sich angekommen

Jonathan Wilson hat sich in den letzten Jahren als Produzent mindestens genauso einen guten Namen erarbeitet wie als Musiker. U.a. Father John Misty, Conor Oberst und Roy Harper griffen auf die Studiohilfe des 1974 in Kalifornien geborenen Multiinstrumentalisten zurück, als Gitarrist gehörte er zur Live-Band von Roger Waters, auf dessen letztem Album „Is This The Life We Really Want?“ er ebenfalls mitwirkte. Mit „Fanfare“ hat Wilson vor sieben Jahren ein ziemlich überragendes Album veröffentlicht, und auch das vor zwei Jahren erschienene „Rare Birds“ konnte sich hören lassen. Doch die Psychedelic-Prog-Rock- und pompösen Pop-Zeiten gehören für die Länge des neuen Albums erst mal der Vergangenheit an.

Jonathan Wilson ohne Opulenz, aber doch hymnisch

Jonathan Wilson Dixie Blur Cover Bella Union

Auf „Dixie Blur“ hören wir einen wesentlich lockereren Jonathan Wilson, der den Americana-Kern offenlegt und auf pathetische Opulenz gänzlich verzichtet. Pat Sansone von Wilco sowie diverse Session-Musiker halfen bei den in Nashville vollzogenen Aufnahmen des vierzehn Songs umfassenden Albums. Akustische Gitarren, Fiddle, Flöten und Pedal Steel rücken nun in den Vordergrund. Hymnische Songs kann Wilson aber immer noch schreiben. Das vom Springsteen-Sound der „Darkness“-Phase inspirierte „Enemies“ zum Beispiel. Oder das ausgelassene Bluegrass-Folk-Pop-Rock’n’Roll-Stück „In Heaven Making Love“. Auch „So Alive“ hat etwas Feierliches an sich, allerdings mit viel Wehmut unterlegt.

Elegisch-anmutige Songs

Sehr schön der elegische, an Van Morrison erinnernde Albumauftakt „Just For Love“ sowie das nachfolgende, sehnsüchtige „’69 Corvette“, während „New Home“ majestätisch dahingleitet. Heimweh überkam auf der Tour mit Roger Waters, Heimweh nach dem familiären Umfeld in Carolina, das er in „’69 Corvette“ auch textlich explizit zum Ausdruck bringt. Kein Wunder also, dass „Dixie Blur“ ein heimeliges Americana-Country-Folk-Album geworden ist, das in „Oh Girl“ plötzlich aber in Beatles-Gedenken schwelgt. Zu weiteren Highlights zählen das melancholische „Fun For The Masses“ und das geflüstert-innige „Platform“. Den schönsten Song hat sich Wilson mit dem virtuosen, anmutigen und herzergreifend-traurigen, sechsminütigen „Korean Tea“ indes für den Schluss aufgehoben. Auf diesem Album scheint Jonathan Wilson ganz bei sich angekommen zu sein.

„Dixie Blur“ von Jonathan Wilson erscheint am 06.03.2020 bei Bella Union / PIAS). (Beitragsbild von Gérard Otremba)

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